Militärische Lehren aus dem Ukraine-Krieg - Druckversion +- Forum-Sicherheitspolitik (https://www.forum-sicherheitspolitik.org) +-- Forum: Hintergründe (https://www.forum-sicherheitspolitik.org/forumdisplay.php?fid=97) +--- Forum: Allgemeine fachbezogene Diskussionen (https://www.forum-sicherheitspolitik.org/forumdisplay.php?fid=98) +--- Thema: Militärische Lehren aus dem Ukraine-Krieg (/showthread.php?tid=6333) |
RE: Militärische Lehren aus dem Ukraine-Krieg - PKr - 07.03.2022 "Gesicherte Kommunikation" sollte ganz dringend betrachtet werden. Wie es bei den Ukrainern läuft, habe ich nicht verfolgen können, aber bei den Russen scheinen ganze Einheiten "von oben" nicht erreichbar zu sein, viele Soldaten kommunizieren angeblich über ihre Mobiltelephone. Das macht ein koordiniertes Vorgehen unmöglich und verschlimmert vermutlich das Chaos auf der russischen Seite deutlich. RE: Militärische Lehren aus dem Ukraine-Krieg - Schneemann - 07.03.2022 Das ist sicherlich auch so ein Thema. Ich entsinne mich noch, dass selbst zu meiner Bundeswehr-Zeit von vor 20 Jahren, als Handys beileibe noch nicht so stark verbreitet waren - und damals waren es keine Smartphones mit allem Schnickschnack, sondern einfache, kleine Dinger -, immer die Devise ausgegeben wurde, dass Handys beim Manöver grundsätzlich nicht erlaubt seien, da man sie eben orten könne. Und heute ist dieses Problem eben nochmal ein ganz anderes bzw. wesentlich krasseres Problem, aber möglicherweise wird umso leichtfertiger damit umgegangen... Schneemann RE: Militärische Lehren aus dem Ukraine-Krieg - lime - 07.03.2022 (07.03.2022, 14:41)PKr schrieb: "Gesicherte Kommunikation" sollte ganz dringend betrachtet werden. Wie es bei den Ukrainern läuft, habe ich nicht verfolgen können, aber bei den Russen scheinen ganze Einheiten "von oben" nicht erreichbar zu sein, viele Soldaten kommunizieren angeblich über ihre Mobiltelephone. Irgendwie kann ich mir das nicht vorstellen, dass sich russische Soldaten ins ukrainische Netz einwählen und dann über Chatrooms ihre Feldzüge planen. RE: Militärische Lehren aus dem Ukraine-Krieg - Quintus Fabius - 07.03.2022 Das nicht gerade, aber es wird nachweislich teilweise unverschlüsselt gefunkt, analog gefunkt und jederman kann mithören und insgesamt ist die Kommunikation anscheinend ein erhebliches Problem. Und russische Einheiten neigen auch heute noch dazu ohne Befehle von oben zu passiv zu bleiben und zu viel Zeit damit zu vertrödeln Informationen die Kette hinauf zu transportieren um sie dann von oben wieder nach unten zu verteilen. Die zwingende Schlußfolgerung daraus ist, dass in einem großen modernen Krieg die Führung dezentralisiert agieren können muss, dass Führer auf allen Ebenen besonders qualifiziert werden müssen, damit sie bei Ausfall der Kommunikation selbstständig richtig im Sinne der Intention handeln können und dass die Auftragstaktik wieder ernsthaft betrieben werden muss, ja sogar noch ausgebaut werden muss. Und dass man mehr horizontale Strukturen sowohl in der Kommunikation als auch in der Führung benötigt, kooperative Modell und Netzwerkstrukturen anstelle einseitiger Hierarchien und damit einhergehend auch die Befähigung in solchen Führungsmodellen agieren zu können. Und natürlich trotzdem eine sehr leistungsstarke und gesicherte Kommunikation. Aber die ist halt nur ein Aspekt eines Bereiches den man meiner Ansicht nach ganzheitlicher angehen muss. RE: Militärische Lehren aus dem Ukraine-Krieg - PKr - 09.03.2022 (07.03.2022, 22:47)lime schrieb: Irgendwie kann ich mir das nicht vorstellen, dass sich russische Soldaten ins ukrainische Netz einwählen und dann über Chatrooms ihre Feldzüge planen.Nö, aber wenn eine Einheit "vergessen" wurde, irgendwo in der Pampa liegt und vielleicht seit Tagen keinen Nachschub erhalten hat, steigt natürlich der Anreiz, sich mal zu Hause zu melden. Ob die Jungs dabei tatsächlich meist nicht wußten, daß sie sich in der Ukraine befinden, lasse ich mal im Raum stehen. RE: Militärische Lehren aus dem Ukraine-Krieg - Broensen - 12.03.2022 Ich leite das mal ganz dreist hierher um.... (11.03.2022, 21:33)lime schrieb: Was man aber jetzt schon ablesen kann ist dass man bei der NATO und Rußland hat sich in den letzten 20 Jahren in eine ähnliche Richtung entwickelt viel zu wenig auf Masse setzt. Berufsarmeen sind nicht tauglich echte große Kriege zu führen. Was ich eigentlich schon immer so formuliert habe: man braucht auch in Zukunft zwingend die Wehrpflicht. Außer man hat eine strategische Position wie die USA, GB oder Japan. (11.03.2022, 23:31)Nightwatch schrieb: Masse fehlt uns bestimmt nicht und wir brauchen auch ganz bestimmt keine Wehrpflicht. Wir brauchen Vollausstattung inklusive Munition, eine Heeresflugabwehrtruppe, APS für Puma und Leopard und ein ordentliches Reservistensystem. (12.03.2022, 08:14)Quintus Fabius schrieb: eine Wehrpflicht / Milizarmee macht Sinn für die "Frontstaaten", also Polen, Baltikum etc, den lokale leichte Infanterie kann einen erheblichen Beitrag leisten wie man gerade sieht. Da wir aber ja unsere Streitkräfte "nach vorne" schicken würden, benötigen wir andere Streitkräfte, nämlich solche, welche optimal dafür aufgestellt sind unsere Verbündeten in den "Frontstaaten" optimal zu unterstützen, deren Streitkräfte zu ergänzen und Fähigkeiten zu liefern die diese nicht haben oder nur unzureichend vorhalten können. Da reihe ich mich gerne ein. Unsere Reserven können nur sinnvoll den Zweck erfüllen, die regulären Kräfte auch unter eigenen Verlusten einsatzfähig halten zu können. Und das müssen dann ebenso Profis sein, wenn halt auch a.D. Jede Überlegung zu Milizionären oder sonstigen Dienstpflichtigen kann in Deutschland -wenn überhaupt- nur rückwärtige und unterstützende Dienste betreffen. RE: Militärische Lehren aus dem Ukraine-Krieg - Schneemann - 12.03.2022 Ich sehe keine große Notwendigkeit für dieses Milizsystem, zumal völlig unklar wäre, in welcher Größenordnung wir uns bewegen, ob das nun auf Länder- oder auf Bundesebene geschehen soll, ob sie an die Bundesstreitkräfte angegliedert werden oder nicht, ob man das ganze als Organisation im Kontext einer Art von lokalen Wehrpflicht im Kriegsfall aufbaut, wer hat wo seine Waffen, welche hoheitlichen Aufgaben und Befugnisse werden wann und wie zugewiesen etc. pp.? Zudem haben Milizen meistens nicht die Auswahlkriterien auch hinsichtlich körperlicher Eignung wie reguläre Streitkräfte und auch nicht deren Erfahrung und Fähigkeiten. Und wir brauchen keine Hobbyaktivisten oder Trapper, die Blockhäuser gegen Indianer verteidigen, sondern professionelle Truppen, die Krieg führen können, wenn es sein muss. Schneemann RE: Militärische Lehren aus dem Ukraine-Krieg - Quintus Fabius - 31.03.2022 https://www.thinkdefence.co.uk/2022/03/revisiting-the-light-strike-concept/ Zitat:The concept of a highly (air/land) mobile and heavily armed response and ambush force had utility in the Cold War, and there is no reason to suggest it doesn’t have the same utility if it is seen as one part of a combined arms approach to the collective territorial defence of NATO countries. Schneemann: Die von dir genannten Problemstellungen ließen sich alle sehr leicht lösen. Das wäre noch das klarste an der ganzen Sache. Bezüglich Erfahrung, Fähigkeiten und Eignung sollte man zudem realisieren, dass dies hochgradig spezialisierte Truppen mit einem ganz spezifischen und begrenzten Auftrag wären. Und in diesem wären sie sogar regulären Streitkräften aufgrund ihrer Ortsgebundenheit, Ortskenntnis und Motivation deutlich überlegen. Für ihre spezifische Aufgaben wären diese Milizen daher hochprofessionelle Truppen die in genau ihrem Aspekt der Kriegsführung auch Krieg führen können. Und etwas anderes sollen sie ja nicht. Eine Miliz hat einfach eine andere Qualität als irgendwelche Wehrpflichtverbände nur: sie benötigt auch eine passende Zivilkultur dazu, eine passende sozialkulturelle Grundströmung, sie muss frei gehalten werden von Extremisten die von so etwas natürlich magisch angezogen werden und sie muss im militärischen Kontext Sinn machen. Und da macht sie für diese Bundesrepublik zur Zeit eben keinen Sinn, den eine deutsche Miliz im Schwarzwald könnte noch so gut sein, sie würde für die Lage in Ostpolen oder im Baltikum doch nichts bringen, dass ist mein primärer Kritikpunkt an diesem Konzept. RE: Militärische Lehren aus dem Ukraine-Krieg - Schneemann - 03.04.2022 @Quintus Zitat:Bezüglich Erfahrung, Fähigkeiten und Eignung sollte man zudem realisieren, dass dies hochgradig spezialisierte Truppen mit einem ganz spezifischen und begrenzten Auftrag wären. Und in diesem wären sie sogar regulären Streitkräften aufgrund ihrer Ortsgebundenheit, Ortskenntnis und Motivation deutlich überlegen.Die Vorteile hinsichtlich Ortsgebundenheit und Ortskenntnis liegen sicher auf der Hand, wenn denn eine solche Miliz nur in lokalem Umfeld eingesetzt wird. Bei der Motivation hingegen bin ich eher skeptisch. Da dürfte das eigene Haus und die eigene Familie eher vorgehen, als dass man sich einem größeren Ziel unterordnet. Und auch dass es spezialisierte Truppen wären, wage ich mit einem Fragezeichen zu versehen, eher ist es ja so, dass solche Verbände nur bei Bedarf überhaupt abgerufen werden, sie dürften also hinter Berufstruppen deutlich zurückstehen bzgl. Professionalität. Zitat:Eine Miliz hat einfach eine andere Qualität als irgendwelche Wehrpflichtverbände nur:Tatsächlich könnte eine - wenn einigermaßen organisiert und zuverlässig und entsprechend ausgerüstet - Miliz reinen Wehrpflichtigen sogar überlegen sein. Aber die Frage stellt sich ja gar nicht, fast überall wo ich Milizen finde, bestehen doch Berufsstreitkräfte. Zumal auch die Frage sein dürfe, welche Waffensysteme eine Miliz nun überhaupt haben darf und welche nicht? Zitat:...sie muss frei gehalten werden von Extremisten die von so etwas natürlich magisch angezogen werden...Das ist natürlich der nächste Minuspunkt. Das liest sich auch logisch, aber in der Realität ist damit zu rechnen, dass sich auch Rechte, Prepper, Hobbykrieger, übergewichtige Wichtigtuer und Kriegslustige aller Couleur dort tummeln. Brauche ich beinahe schon einen eigenen Sicherheitsdienst, der nur die Milizen überwacht... Schneemann RE: Militärische Lehren aus dem Ukraine-Krieg - Quintus Fabius - 04.04.2022 https://warontherocks.com/2022/03/insights-for-marine-and-beyond-force-design-from-the-russo-ukrainian-war/ Eine Pro-USMC-Reform Argumentation: 1. Das Zeitalter der vielen, kleinen, schnellen, beweglichen und vielen (de facto ObiBibers Argumentation): Zitat:Mounted on light tactical vehicles such as Polaris’ MRZR, these Marine units could employ substantial numbers of vehicle and shoulder-fired anti-tank and anti-air weapons combined with a family of small, medium, and large loitering munitions. This would provide a potent force 2. Leichte Infanterie kann angeblich ohne Luftüberlegenheit: Zitat:The Ukrainian military has shown that small, widely distributed infantry formations equipped with precision-guided munitions can operate effectively against armor and mechanized forces without air superiority, or even a traditional air force. Und dem will ich mal komplett widersprechen: Leichte Infanterie ist ein primäres Ziel der Schlachtfliegerei und geht gegen eine ernsthafte Schachtfliegerei unter. Dazu muss diese aber eine ausreichende Quantität haben. Das ist mit den aktuellen modernen Kampfflugzeugen nicht bewerkstelligbar, weil die Kosten pro Einheit dafür zu hoch sind. Es ist aber mit Drohnen bewerkstelligbar. Da die gleichen Drohnen darüber hinaus auch noch sowohl die Augen als auch die Zielmarkierung für immer weiter reichende Artillerie darstellen, bedeutet dies zwingend, dass leichte Infanterie hier ein erhebliches und rasant größer werdendes Problem hat. Sie wird von den Drohnen als neuer Schlachtfliegerei und weitreichender Artillerie zerlegt. Zitat:Force Design 2030 suggests the need for a roughly 50/50 mix of manned to unmanned aircraft. The Marine Corps is planning for six squadrons of medium altitude long endurance drones, while providing smaller drones to all infantry battalions, companies, platoons, and squads. Drohnen auf der eigenen Seite ermöglichen zwar genau das gleiche, insbesondere in Verbindung mit eigener weitreichender Artillerie, beantworten aber die Frage nicht, wie man auf den feindlichen Drohnen - Artillerieverband reagieren soll. Dies wird selbst mit leistungsstarker bodengebundener Luftabwehr nicht bewältigbar sein. Die Lösung sind eigene Luftüberlegenheitsdrohnen, welche spezifisch die feindlichen Drohnen jagen. 3. Loitering Munitions als Schnittstelle zwischen Drohnen und konventioneller Munition sind DAS Mittel Zitat:As I described in a past article in War on the Rocks, “loitering munitions will impact the character of warfare more substantially than the introduction of the machine gun. Das sehe ich auch. Das wirft aber auch die Frage der effektiven Reichweite auf. Gerade kleinere Typen von Loitering Munition sind effektiver weil sie schwerer bekämpft werden können - insbesondere weil sie schwerer aufgeklärt werden können, dafür aber fehlt diesen größenbedingt die Reichweite. Die Lösung ist hier die Zusammenfassung von Artillerie im weiteren Sinne mit Loitering Muntion und dass diese von entsprechenden Systemen aus verschossen wird, wodurch ihre Reichweite erheblich erhöht wird. Das reicht hinunter bis zu kleinen Systemen die man aus Mörsern verschießt und dadurch deren Reichweite deutlich erhöht. Beispielsweise hat aus einem ultraleichten 81mm Mörser verschossene Loitering Munition eine Reichweite von 24 km erzielt. Dadurch ergeben sich ganz neue Möglichkeiten für die Artillerie an sich, da die gleiche Munition auch noch zur Zielaufklärung verwendet werden kann und man extrem leichte Systeme auf eine immens hohe Reichweite bringen kann - und diese uneingeschränkt querfeldeinbeweglich sind und daher leicht von leichter Infanterie in Stellung gebracht werden können. 4. Smartphones und Internet Zitat:The impact of ubiquitous smartphones and network connectivity, which is becoming increasingly robust with space-based redundancy provided by systems like Starlink, has been much discussed, but the current conflict demonstrates, in stark terms, the strategic significance of these technologies. Da Krieg ein Kampf zweier Willen gegeneinander ist, so hat natürlich alles was auf den Willen einwirkt einen militärischen Wert. Aber auch hier denkt man meiner Meinung nach zu sehr über die Frage nach wie man das selbst für die eigenen Zwecke einsetzt (natürlich absolut richtig), und zu wenig (im Verhältnis dazu), wie man die eigene Gesellschaft davor schützt und damit meine ich nicht technische Maßnahmen, Gegen-Propaganda etc. sondern einen ganz grundsätzlichen sozialkulturellen Schutz welcher die Gesellschaft wie eine Impfung weitgehend gegen die Wirkung und Einflussnahme immunisiert. Wenn die Botschaft nicht ankommt, dann wird sie irrelevant, aber da jede Hürde und jeder Zaun genommen werden kann, und die Botschaft damit in jedem Fall ankommen wird sollte eher die Frage sein, was man tun kann um zu verhindern dass die Botschaft überhaupt wahrgenommen wird. 5. Die Zukunft des Panzers Zitat:Ukrainian forces equipped with shoulder-fired anti-armor weapons, loitering munitions, and armed drones demonstrate the increasing vulnerability of armor and mechanized vehicles — including Russia’s most advanced models. Mit einem Wort: Unfug. Hätten die Russen tatsächlich ihre am meisten entwickelten Systeme gehabt, und zwar so wie diese theoretisch verfügbar wären, dann hätte die ukrainische Infanterie mit dem was sie real hat und wie sie real vorgegangen ist rein gar nichts gegen diese Panzer erreicht. Zitat:Importantly, these protective systems add substantial weight, making a protected main battle tank too heavy Stimm so auch nicht, weil man das Gewicht von Kampfpanzern ganz leicht drastisch reduzieren könnte und Hardkillsysteme demgegenüber gar nicht so schwer sind. Insgesamt wird man leichtere Kampfpanzer bauen können, selbst wenn diese eine 120mm+ BK haben (so man den dieses Konzept an sich weiter verfolgen will). Zitat:Mobility and maneuver are important factors on any battlefield, and constraints on mobility are many, varied, and growing. Russian armored and mechanized forces have largely been constrained to highways, whereas foot-mobile Ukrainian infantry commuting to the battlefield in their personal vehicles have been able to successfully ambush their road-bound convoys. Und das versteht der Autor anscheinend nicht richtig: die Ukrainer sind eben nicht mit ihren persönlichen Fahrzeugen an die Straßen heran gefahren, sie waren stattdessen lokal schon dort. Die ukrainischen Einheiten waren teilweise dezidierte Stay Behind Truppen welche vor Ort bleibend einen ganz normalen Jagdkampf führten, und dazu verwendeten sie gerade eben keine Fahrzeuge in größerem Stil. Im weiteren ist es ja gerade eben der eigentliche Sinn von mechanisierten Streitkräften eben nicht Straßengebunden zu agieren, sondern abseits der Straße Kampfkraft quer durchs Gelände zu bewegen. Das dies in der Ukraine nicht möglich war, hatte eine ganze Reihe von Faktoren, aber keiner davon lässt diese Schlußfolgerung zu. Zitat:Further in the future, exoskeletons will allow infantry to cover substantial distances by foot. Und da wird es nun endgültig lächerlich. Und man benötigt überhaupt keine Exoskelette um zur Fuß erhebliche Distanzen zurück zu legen. Beispielsweise gibt es in den USA gefertigte verbesserte Versionen der RPG-7, welche nur noch 3,5 kg wiegen. Man nehme einen ultraleichten Maschinenkarabiner unter 3 kg und eine solche RPG-7 Variante und verzichte auf Helm und Weste und man kann problemlos jeden Tag mindestens 30 km damit zurück legen (querschnittlich). Bei einer Kriegsdauer von 40 Tagen wären das nicht weniger als 1200 km. Und querschnittlich wäre man damit schneller als die mechanisierten Einheiten oder die rückwärtigen Dienste die hier wesentlich langsamer vorrückten. Deutsche Infanterie ist im zweiten Weltkrieg übrigens deutlich längere Strecken über deutlich größere Zeiträume marschiert. Zitat: If the Ukrainians had small all-terrain vehicles like the MRZR Fahrzeuge sind genau der Fehler in Bezug auf echte leichte Infanterie, selbst wenn es sich um solche sehr kleinne Fahrzeuge handelt. Stattdessen muss man die Infanterie komplett von Fahrzeugen befreien und damit setzt man eine Menge weiterer positiver Dinge frei. Und einer der Gründe für den Erfolg leichter ukrainischer Infanterie ist gerade eben der Verzicht auf Fahrzeuge gewesen. 6. Logistik Zitat:We are seeing in the Russo-Ukrainian War that forces less reliant on heavy vehicles, armor, and fixed airbases are highly lethal and have a much-reduced aggregate logistics demand. Grundsätzlich richtig, aber dafür können solche leichteren Einheiten die schweren Einheiten wiederum auch nicht aufhalten. Und steht man einer ernsthaften schweren Einheit gegenüber, die auf den aktuellen Stand der Dinge gerüstet ist, dann wird die leichte Einheit von ihr vernichtet. Die leichten Einheiten können dann allenfalls indirekt auf die schweren Einheiten wirken, indem sie deren rückwärtige Dienste und deren Versorgungskette angreifen und diese dadurch indirekt lahmlegen. Dagegen aber kann der Feind wiederum eigene leichte Einheiten einsetzen usw Dadurch entsteht meiner Auffassung nach erneut eine Zweiteilung, gerade auch in Bezug auf Panzer, nämlich in schwere Durchbruchseinheiten - diese dienen dem Zerschlagen und Durchbrechen feindlicher Stellungssysteme und feindlicher Verbände und leichten Einheiten welche dies explorieren und die den Bewegungskrieg suchen, den frontalen Durchbruch aber immer vermeiden. Entsprechend benötigt man neue Typen von Panzerfahrzeugen, oder man bildet dies mit dem bestehenden ab: dann wären beispielsweise Kampfpanzer solche Durchbruchs-Einheiten und Panzerspäher die entsprechenden leichten Panzer für den Bewegungskrieg. Wenn man das aber mal konzeptionell nachvollzieht, dann kann man entsprechend die bestehenden Kampfpanzer ganz anders rüsten, denn dann sollen und müssen diese ja den Bewegungskrieg eben nicht mehr führen. Entsprechend kann man sie dann konsequenter auf ihre neue begrenztere Rolle hin ausrichten, nochmal deutlich schwerer panzern etc Zitat:infantry mounted in MRZRs or foot-mobile could contribute in significant ways to the joint force by being able to deploy rapidly, without the need for large logistics stores or support bases, while providing critical sensing, targeting, and fires for the joint force. Mehr leichte Truppen dieser Art, insbesondere zur Fuß bewegliche zu haben reduziert natürlich den logistischen Aufwand, ist aber unzureichend. Das USMC lagert diese Fähigkeit dann halt auch einfach an die Army aus, welche diese Aufgaben übernimmt. Für andere Streitkräfte (die unsrigen) stellt sich aber dann die Frage, in welchem Verhältnis man welche Truppenteile haben sollte? Wieviel leichte Truppen benötigt man? Wieviel wären zu viel? Wieviel schwere Truppen benötigt man im Verhältnis? Die Antwort auf diese Fragen hängt wiederum von der Frage ab, was für eine Art von Krieg man wo und gegen wen genau führen will. Sie lässt sich daher nicht pauschal beantworten. Es kann für die eine Streitmacht vollkommen richtig sein massiv echte leichte Infanterie zu haben, beispielsweise für Polen, während es für uns nicht sinnvoll wäre, weil es zu viel Personal in dieser Truppe bindet dass wir für andere Zwecke benötigen würden und für uns diese leichte Infanterie keinen großen Mehrwert darstellt. Die Frage die man sich also hier immer stellen sollte ist die des Kontext. Zu oft werden Streitkräfte einfach aus dem Kontext gerissen diskutiert. Das gilt auch für Kriege selbst, und insbesondere für den aktuellen Ukrainekrieg. RE: Militärische Lehren aus dem Ukraine-Krieg - Quintus Fabius - 08.04.2022 Zur Entwicklung der ukrainischen Armee seit dem Schock 2014: https://theconversation.com/in-2014-the-decrepit-ukrainian-army-hit-the-refresh-button-eight-years-later-its-paying-off-177881 Zitat:In 2014, Ukraine’s military was called “decrepit” by one national security analyst, and its navy was in “a sorry state.” Ukrainian General Victor Muzhenko, a former top commander of Ukraine’s armed forces, went as far to say that the military was “an army literally in ruins.” Zitat:Yet eight years later, after the Russian invasion that started on Feb. 24, 2022, the performance of Ukraine’s military has been surprisingly strong against the larger and better equipped Russian military. Zitat:The first two were the Ukrainian government’s committed effort in 2016 to reform its military, coupled with millions of dollars’ worth of Western aid and military equipment. Die vier Faktoren im Detail: 1. Eine Militärreform mit dem Ziel die Kriegsfähigkeit der Streitkräfte zeitnah herzustellen: Dabei half der Druck welcher auf der Ukraine durch eine drohende Invasion Russlands lag sehr. Zitat:To remedy these shortcomings, then-President Petro Poroshenko in 2016 directed sweeping reforms in five categories: command and control, planning, operations, medical and logistics, and professional development of the force. 2. Ausreichend Geldmittel und diese wurden auch effizient und effektiv für das Militär ausgegeben: Zitat:US military aid 3. Veränderte Doktrin und Führung: Die Führungsverantwortung wurde nach unten durchgereicht und es wird tatsächlich Auftragstaktik praktiziert. Das Vertrauen an die Untergebenen ist groß, was eine der wesentlichsten Voraussetzungen dafür ist. Zitat:Battlefield decision-making 4. Hohe Verteidigungsbereitschaft der Bevölkerung und Milizen: Die Ukraine hat deutlich mehr Kriegsfreiwillige und allgemein eine höhere Zustimmung für den militärischen Kampf in der Bevölkerung und entsprechend viele Milizen und paramilitärische Gruppierungen. Diese wurden darüber hinaus gar nicht so lange vor Kriegsausbruch systematisch gebündelt und in das militärische System gezielt eingebunden: Zitat:A nation of volunteers Daraus könnte man für die Bundeswehr rückfolgern: Wir benötigen einen ernsthaften Motivator für eine echte Militärreform. Diese wird durch die Generalskaste aktuell ebenso behindert wie durch die zivile Führung. Es fehlt dafür einfach der wahrgenommene Druck, obwohl eigentlich längst ein realer Druck da wäre. Also käme alles darauf an diesen Druck öffentlich sichtbar und wahrnehmbar zu machen. Diese Militärreform benötigt ausreichend Mittel. Das wäre zur Zeit eigentlich theoretisch gegeben gewesen. Wie schon beim vorher genannten muss dafür der wahre Druck der eigentlch vorliegt viel mehr öffentlich gemacht werden. Dem folgend ist es das A und O tatsächliches Vertrauen in seine Untergebenen zu entwickeln und diesen wesentlich mehr freie Hand zu lassen. Damit dies überhaupt möglich ist, muss man auch entsprechende Freiräume in den Vorschriften, Befehlen, Verordnungen usw überhaupt erstmal schaffen. Parallel ist eine Ent-Bürokratisierung der Bundeswehr notwendig. Und für den letzten Punkt sollte man an die Schaffung einer echten Miliz als eigener Teilstreitkraft heran gehen. Da man keine ausreichende nationale Begeisterung in der gesamten Bevölkerung hat, muss man zumindest den wehrfähigen und wehrbereiten Anteilen dieser Bevölkerung es ermöglichen die Armee zu verstärken. Das wird zwar dann nicht ansatzweise quantiativ reichen, aber es wäre immerhin besser als nichts und von da aus kann ein entsprechendes nationales und militärisches Denken dann auch viel eher wieder zurückkehren, als wenn man entsprechende Strukturen nicht hätte. RE: Militärische Lehren aus dem Ukraine-Krieg - Leuco - 24.04.2022 Ich Versuche mich Mal an einer Lehre aus meinem Augen. Es ist zu beobachten, dass die Luftwaffe eine untergeordnete Rolle spielt. Dies hat unter anderem auch mit Strategiefehlern und Besonderheiten dieses Konflikts zu tun z.B. das beide Konfliktparteien teils die gleichen Flugabwehrsysteme nutzen (würde im Podcast Sicherheitshalber ausgeführt). Auch die Kampfpanzer geben kein gutes Bild ab, wiederum aus unterschiedlichen Gründen. Dem indirekten Feuer kommt wie in vielen vergangenen Konflikten eine hohe Bedeutung zu. Die westlichen Militärs haben ihre Artillerie ziemlich heruntergefahren und setzten aus meiner Wahrnehmung auch stärker auf die Luftwaffe, als dies die Russen tun. In einem potentiellen Konflikt mit Russland stellt sich für mich nun die Frage wie durchsetzungsfähig unsere Luftwaffe wäre. Das westliche Bündnis ist sicher besser ausgestattet als die Russen. Die große Frage wäre wohl, wie gut die Luftabwehr der Russen tatsächlich ist? Beruht die wahrgenommene Stärke auf jahrelanger Propaganda? Mir kommen hier mittlerweile Zweifel... Wenn wir davon ausgehen, dass die Systeme wirklich sehr effizient sind, könnte es dazu kommen, dass wir unsere Luftwaffe nur sehr unzureichend einsetzten können. Um dies auszugleichen fehlt uns allerdings die Quantität des indirekte Feuer vom Mörser, Loitering Munition, 155 mm hoch bis zu bodengebundenen Marschflugkörpern. Eine Lehre wäre also, diese Bereiche zu stärken. Wie seht ihr das? RE: Militärische Lehren aus dem Ukraine-Krieg - Quintus Fabius - 24.04.2022 Meiner Meinung nach müsste man die Befähigung die russische Luftabwehr auszuschalten ausbauen. Denn: nur mit der Luftwaffe können wir richtige (Feuer) Schwerpunkte in dem räumlich gewaltigen Kriegsgebiet Osteuropa ausreichend schnell verlegen. Was nützt es am Boden Artillerie mit sagen wir 50 km Reichweite zu haben, wenn der Feind in 150 km daran vorbei zieht und wir diese Artillerie dann einfach am Boden auch nicht mehr schnell genug dorthin bringen können ?! Diese Bekämpfung und frühzeitige Ausschaltung der russischen Luftwaffe dürfte gar nicht so einfach sein. Nehmen wir beispielsweise mal Serbien vs Nato als Beispiel, so war das Kräfteverhältnis sehr zuungunsten Serbiens. Eine solche Vernichtung russischer Luftabwehr darf daher nicht allein aus der Luft geplant werden, wir benötigen dafür auch weitreichende Raketenartillerie, bodengestützte Marschflugkörper und Drohnen. Zuvorderst also sollten unsere Drohnen-Kapazitäten mit dieser Zielrichtung ausbauen. Sobald die bodengestützte Luftabwehr der Russen ausreichend dahin ist, würden die westlichen Luftwaffen meiner aktuellen Einschätzung nach mit der russichen Luftwaffe fertig werden. Dem folgend wären alle Panzerverbände der Russen am Boden einfach nur noch Opfer. Die entscheidende Frage ist hier, wie lange das für uns dauert und was für Ziele die Russen bis dahin erreichen können, die sie dann als Verhandlungsmasse einbringen können. Wir bräuchten also wesentlich mehr Loitering Munition, Drohnen, weitreichende Raketenartillerie und Marschflugkörper, auch um Feuerkraft über größere Distanzen bereit stellen zu können. Rohr-Artillerie wird sich hier als unzureichend heraus stellen. Da auch die Russen anscheinend unter quantiativen Problemen leiden (ein Novum in der russischen Kriegsgeschichte) stellt sich zudem die Frage, wie man diesen Mangel an Masse im Verhältnis zum Raum ausnutzen könnte um weitreichende Operationen in feindliches Gebiet hinein zu führen und wie man diese dann führen könnte. Dazu fehlen ebenso geeignete Kräfte. RE: Russland vs. Ukraine - Nightwatch - 30.04.2022 (30.04.2022, 18:41)Quintus Fabius schrieb: Eine Millionen Airburst-Artillerie-Granaten und einhunderttausend Mini-Loitering-Munition würden uns daher insgesamt gesehen wesentlich weiter bringen als eine F-127.Aber auch nur im Donbass bei der Kriegsführung wie sie gerade stattfindet. Wir würden dort schon völlig anders kämpfen - Bewegungskrieg und umfangreiche Luftnahunterstützung - von anderen Einsatzgebieten ganz zu schweigen. Schon für das Baltikum wäre eine F-127 wesentlich relevanter als irgendwelche Artilleriemunition in Deutschen Depots. RE: Russland vs. Ukraine - Quintus Fabius - 01.05.2022 Werter Nightwatch: Zitat:Aber auch nur im Donbass bei der Kriegsführung wie sie gerade stattfindet. Wir würden dort schon völlig anders kämpfen - Bewegungskrieg und umfangreiche Luftnahunterstützung - von anderen Einsatzgebieten ganz zu schweigen. Ich schrieb ja nur von EINER F-127. Und keineswegs wäre diese im Baltikum wesentlich als die genannte Artilleriemunition. Für einen Bewegungskrieg braucht man im weiteren auch eine ausreichende Quantität an mechanisierten Truppen und diese haben wir so nicht. Zudem sind Mannzahl - Bewegung - und Feuer im Krieg auch gegeneinander austauschbar. Beispielsweise ersetzen die Russen gerade eben Mannzahl und Bewegung durch Feuer, exakt deshalb dieser Feuerhagel, dessen Umfang und Auswirkungen selbst von Bundeswehr-Soldaten anscheinend nicht richtig verstanden werden. Das einzige was hier ein Gegenmittel wäre, dass wäre die von dir zurecht genannte Luftnahunterstützung. Ob man (die USA also) diese aber dann schnell genug ausreichend leisten werden können ist zumindest für die Anfangszeit höchst fragwürdig. Da fehlt es auch an der notwendigen Infrastruktur in Osteuropa (das ist auch etwas in dass wir jetzt schnellstmöglich investieren sollten und könnten, um damit den USA den Luftkrieg in Osteuropa wesentlich zu erleichtern) und die ganze russische Luftabwehr muss auch erstmal nieder gekämpft werden, sonst verliert man zu schnell zu viele wertvolle Assets. Meiner Einschätzung nach ist zur Zeit das primäre Problem im Westen TM, dass man anfängt die Russen sträflich zu unterschätzen (so wie man sie vorher überschätzt hat). Gegen eine derartige Dichte des Artilleriefeuers wie sie zur Zeit in der Ostukraine an der Tagesordnung ist - ist mit dem bißchen Panzer Geklecker was wir da haben kein Staat zu machen und auch kein Bewegungskrieg führbar. Wir würden das Artillerieduell innerhalb eines Tages verlieren, und unsere viel zu kleinen und veraltet strukturierten mechanisierten Verbände würden dem folgend im Feuerhagel untergehen. An dieser Stelle kommt dann immer das ach so tolle Bündnisargument: wir sind ja nur ein kleiner Teil des überragenden Bündnisses und das Bündnis wird dann schon absolut alles für uns machen. Das halte ich ebenfalls für höchst gefährlich. Wir hintertreiben mit dieser Haltung auch grundsätzlich die Validität des Bündnisses an sich. Es ist nämlich keineswegs gesagt dass die Umstände wenn es dann zum Krieg mit Russland kommt dergestalt sind, dass die USA und ein paar andere dann für uns gesichert die Kartoffeln aus dem Feuer holen. Man nehme beispielsweise einen zeitgleich anlaufenden Krieg im Pazifik oder ähnliches. Das Beispiel mit der F-127 ist zudem nur eine Illustration des ganz grundlegenden Problems: wir vernachlässigen die Grundlagen, und konzentrieren uns zu sehr auf einige wenige hochtechnische Systeme. Zweifelsohne sind diese für sich selbst betrachtet herausragend und haben auch ihren Stellenwert und Nutzen, aber hier stimmt dann einfach die Quantität nicht ! Es ist der durch diesen Ansatz verursachte Mangel an Quantität, der hier das Problem darstellt. Am Ende wird man dann mit der höchst-qualitativen Armee aller Zeiten mit dem größtmöglichen Ausmaß an Hochtechnologie gegen technisch viel weniger fortschrittliche Gegner militärisch untergehen. Meiner Ansicht nach überschätzt man in vielen Bereichen den Vorsprung den entsprechende überteure Hochtechnologie bietet und verrechnet mit diesem Vorsprung nicht die Nachteile, welche sich daraus für die Quantität und das Fundament der Kampfkraft ergeben. |