Militärische Lehren aus dem Ukraine-Krieg - Druckversion +- Forum-Sicherheitspolitik (https://www.forum-sicherheitspolitik.org) +-- Forum: Hintergründe (https://www.forum-sicherheitspolitik.org/forumdisplay.php?fid=97) +--- Forum: Allgemeine fachbezogene Diskussionen (https://www.forum-sicherheitspolitik.org/forumdisplay.php?fid=98) +--- Thema: Militärische Lehren aus dem Ukraine-Krieg (/showthread.php?tid=6333) |
RE: Militärische Lehren aus dem Ukraine-Krieg - Quintus Fabius - 18.01.2024 Ja könnte man sagen, da der Marder zuerst "fertig wurde". In der Anfangszeit liefen aber beide Projekte, der Marder und das Mechanized Infantry Combat Vehicle-Programm relativ parallel ab. Es gab sogar meiner Erinnerung nach anfangs den Versuch für die Bundesrepublik und die USA einen gemeinsamen Schützenpanzer zu entwickeln (ein entsprechender Vertrag wurde wegen zu unterschiedlicher Anforderungen aufgekündigt), und als der Marder gestalt annahm, man aber immer noch am Bradley herum doktorte auch die Überlegung den Marder in der US Armee einzuführen. Der Bradley kam halt erst nach dem Marder bei der Truppe an, weil man bei der Entwicklung so viel an ihm herum gepfuscht hat und der XM723 als Prototyp des Bradley dann ja auch noch als Spähpanzer funktionieren sollte. Ein Klassiker: https://www.youtube.com/watch?v=aXQ2lO3ieBA Um präzise zu sein, waren sowohl der Marder als auch der Bradley direkte Reaktionen auf den BMP-1 und um exakt zu sein hat der BMP-1 den modernen Schützenpanzer begründet. Und Marder wie Bradley dann den westlichen Schützenpanzer. RE: Militärische Lehren aus dem Ukraine-Krieg - Quintus Fabius - 23.01.2024 Zwei Zusammenfassungen über Erkenntnisse aus dem Ukraine-Krieg: Im Allgemeinen: https://www.atlanticcouncil.org/wp-content/uploads/2023/04/Game-Changers-or-Little-Change-Lessons-for-Land-War-in-Ukraine-.pdf Spezifisch in Bezug auf Drohnen: https://geopolitics-decanted.simplecast.com/episodes/the-drone-wars-how-consumer-tech-is-shaping-the-ukraine-war Dieu est pour les gros escadrons. RE: Militärische Lehren aus dem Ukraine-Krieg - Quintus Fabius - 07.02.2024 https://defence-network.com/ukraine-neue-truppengattung-unbemannte-systeme/ Zitat:Neue Truppengattung Unbemannte Systeme Analog zur Schaffung der Luftwaffe vor langer Zeit als sich die gleichen Fragen stellten. Trotzdem meiner Meinung nach ein Fehler, man sollte stattdessen so weitgehend wie möglich Teilstreitkräfte und Zergliederung aufheben. RE: Militärische Lehren aus dem Ukraine-Krieg - Schneemann - 08.02.2024 Zitat:Analog zur Schaffung der Luftwaffe vor langer Zeit als sich die gleichen Fragen stellten. Trotzdem meiner Meinung nach ein Fehler, man sollte stattdessen so weitgehend wie möglich Teilstreitkräfte und Zergliederung aufheben.Ja, wobei es bei den Luftstreitkräften ein langer Weg war und man anfangs noch nicht ganz abschätzen konnte, welche Entwicklungsoptionen sich zukünftig ergeben werden. Hinzu kamen ein gewisser Konservativismus bei den Führungsstäben und eine gewisse Rivalität innerhalb der Streitkräfte. Bei den Drohnen sehe ich es so, dass sie sehr schnell (wobei es Drohnen schon seit Jahrzehnten gibt) einen gewissen Eindruck auf dem Schlachtfeld hinterlassen haben (Ukraine, Armenien), was auch daran lag, dass man die Tragweite des Systems an sich nicht ganz gesehen hat. Und ohne die genannten Konflikte wäre es vermutlich auch so gewesen, dass man es noch nicht in voller Breite zur Kenntnis genommen hätte. Gleichzeitig jedoch denke ich, hat die kolbengetriebene Drohne - teils sogar die Loitering-Munition - langsam ihren leistungsspezifischen Zenit erreicht (zumindest in Großkämpfen wie aktuell, im COIN-Bereich hat sie sicher noch ihre Nischen) und in den nächsten Jahren werden wir zunehmend sehen, dass neue, sehr leistungsstarke Anti-UCAV-Systeme (Stichwort: Laser) in Umlauf kommen werden, die die "klassischen" Drohnen von heute sehr stark zurückdrängen werden. Insofern mag die Schaffung eines eigenen "Drohnenkommandos" eine nette Angelegenheit sein, dieser Schritt kommt aber genau genommen bereits zu spät und bindet nur Kräfte, die man anderweitig besser einsetzen könnte. Schneemann RE: Militärische Lehren aus dem Ukraine-Krieg - PKr - 08.02.2024 (07.02.2024, 23:25)Quintus Fabius schrieb: Analog zur Schaffung der Luftwaffe vor langer Zeit als sich die gleichen Fragen stellten. Trotzdem meiner Meinung nach ein Fehler, man sollte stattdessen so weitgehend wie möglich Teilstreitkräfte und Zergliederung aufheben.Das sehe ich anders. In dieser Situation macht es für die Ukraine absolut Sinn, eine klare Struktur zu schaffen. Dadurch können Doppelentwicklungen vermieden, Neuerungen zügig ausgerollt und eine vernünftige Priorisierung der Ressourcenzuteilung gesichert werden. Ob das in der Praxis alles klappt, ist natürlich eine andere Frage. RE: Militärische Lehren aus dem Ukraine-Krieg - Quintus Fabius - 08.02.2024 Zitat: in den nächsten Jahren werden wir zunehmend sehen, dass neue, sehr leistungsstarke Anti-UCAV-Systeme (Stichwort: Laser) in Umlauf kommen werden, die die "klassischen" Drohnen von heute sehr stark zurückdrängen werden. Das eigentliche Problem in Bezug auf die Mehrheit der aktuell verwendeten Drohnen ist eben nicht die Bekämpfung, man benötigt dafür auch keine Laser etc, sondern weit vor allem anderen die Aufklärung der Drohnen auf Distanz und umgekehrt dass diese trotz ihrer geringen Größe über sehr weite Distanzen aufklären können. Der Wettkampf hier istr also keiner von Anti-UCAV Systemen vs UCAV, sondern von Sensorik vs Stealth / Distanz. Es wird weithin unterschätzt, auf welche Enfernungen selbst sehr kleine Drohnen heute Ziele aufklären können, und umgekehrt sieht man sie nicht (mit menschlichen Augen) und hört sie nicht. Und es gibt viele davon. Selbst bei der Verwendung von Laser kann es daher leicht sein, dass man immer mehrere Drohnen übersieht, und dass diese so weit weg sind, dass die Laser nicht ausreichend sind. Darüber hinaus wird man die Drohnen dann auch zunehmend auf Stealth hin optimieren, und entsprechende noch leistungsfähigere Optiken etc werden es ihnen ermöglichen aus noch größerer Distanz zu agieren. Und Laser hin oder her: selbst bei reinen UCAV welche sich als zielsuchende Munition ins Ziel stürzen sollen, können diese extrem flach über dem Boden entlang kommen, in großer Zahl und selbst ein Laser hat Einschränkungen in der Geschwindigkeit dadurch dass er jeweils neu ausgerichtet, also bewegt werden muss was immer eine Verzögerung bedeutet. Man würde also mehrere Laser nach mehreren Seiten benötigen, der Stromverbrauch wäre dann hier zu bedenken usw usw Darüber hinaus müssen Drohnen nicht zwingend ein System rammen um zu wirken. Hier kann auch bereits aus der Distanz ein Treffer erzielt werden, entsprechende Wirkmittel vorausgesetzt. Und es sind noch viele andere Möglichkeiten und Anwendungen denkbar, bis hin zu Minen welche sich selbst als Drohne verlegen. Zudem ist zu bedenken, dass bereits hier und heute Drohnen den letzten Teil des Weges ins Ziel vollautonom zurück legen können. Damit kann auch jede EloKa umgangen werden, weil die Drohne ab dem Zeitpunkt wo man ein Ziel festlegt und die Drohne darauf ansetzt eben nicht mehr gesteuert wird, sondern vollautonom das festgelegte Ziel verfolgt. Damit werden entsprechende Abstandsaktive Maßnahmen und Elektronische Kriegsführung negiert. Entsprechend wird es noch wesentlicher werden, eine Sensorik zu haben, welche die Drohnen auf sehr große Distanzen aufklärt. Und die zugleich passiv ist oder nicht leicht aufspürbar, weil ansonsten der Feind die eigene Position durch die eigene aktive Sensorik aufklären kann. Die "klassischen" Drohnen, also die aktuell zweckentfremdeten zivilen Modell und Selbstbau / Bastelsysteme, werden Platz machen, sie werden sehr stark zurück gedrängt werden aber nicht durch Laser oder andere Wirkmittel sondern durch: 1. im großindustriellen Maßstab hergestellte Drohnen welche mehr Stealth sind, auf größere Distanzen aufklären können und dann wenn man sie auf ein Ziel ansetzt dieses vollautonom verfolgen und angreifen. 2. eine wesentlich bessere Sensorik und die Mittel der elektronischen Kriegsführung - wobei beide Punkte einander auch gegenseitig bedingen. RE: Militärische Lehren aus dem Ukraine-Krieg - Kopernikus - 08.02.2024 Hinzu kommt, dass Drohnen immer "intelligenter" werden. Immer preiswertere Rechenleistung und zunehmend AI werden in Zukunft auch den "Drohnen-Piloten" weniger wichtig werden lassen. Drohnen werden selbstständiger, selbstständige flugrouten, und Zielwahl, eigene Entscheidung zum Angriff. Ein Stören der Verbindung Pilot Drohne (wie bei peiswerten "Amazon"-Drohnen) wird nicht mehr zum Abbruch des Angriffs führen. https://www.twz.com/news-features/drone-warfares-terrifying-ai-enabled-next-step-is-imminent Ich zitiere aus dem Text: "As noted earlier, the drone revolution has 'democratized' precision-guided and standoff strikes. What was once a huge financial and technological barrier to obtain such a capability is now nearly non-existent. These same classes of drones have also changed how lower-end 'near' battlefield surveillance is executed in so many ways. " Für die Zukunft bedeutet das meiner Meinung nach: -IFF systeme bis zum einzelnen Soldaten runter -CIWS-Hardkill-Systeme für "alle" Fahrzeuge (kann nicht die Aufklärung, zumindest aber den Angriff abwehren) RE: Militärische Lehren aus dem Ukraine-Krieg - Schneemann - 08.02.2024 Zitat:Es wird weithin unterschätzt, auf welche Enfernungen selbst sehr kleine Drohnen heute Ziele aufklären können, und umgekehrt sieht man sie nicht (mit menschlichen Augen) und hört sie nicht. Und es gibt viele davon. [...] Selbst bei der Verwendung von Laser kann es daher leicht sein, dass man immer mehrere Drohnen übersieht, und dass diese so weit weg sind, dass die Laser nicht ausreichend sind.Noch. Die Leistungsstärke von Laserwaffen wird kontinuierlich weiter zunehmen. Vor beinahe zehn Jahren war es bereits möglich, sehr kleine Objekte auf mehrere Kilometer zu zerstören oder zumindest zu "blenden". Seitdem hat man nicht nur die Systeme weiter verbessert, sondern sie auch leichter gemacht, so dass sie auf Fahrzeugen ohne Probleme transportiert werden können. Von einer Einsatzreife dieser Systeme sind wir noch etwas entfernt. Das Bild eines auf der Pritsche eines Lasters oder auf einem SPW-Gestell befestigten Lasers, der innerhalb weniger Sekunden ein halbes Dutzend Strahlen in verschiedene Richtungen über mehrere Kilometer verschießt und Drohnen zerstört, die weniger als 30 auf 30 cm "Zielfläche" im Querschnitt besitzen, ist derzeit noch weitgehende Fiktion. Aber diese Leistungsfähigkeit (an die kein Rohrsystem herankommen kann) wird kommen, egal ob in drei oder in fünf Jahren. Insofern: Die Zeit der Drohnen hat im "großen Krieg" den Zenit erreicht. (Ausnahme: Im COIN- bzw. LIC-Bereich, wo irgendwelche Insurgenten bekämpft werden, die nicht über die Technik und das Geld verfügen, bleiben Drohnen nachwievor ein gewichtiger Faktor.) Schneemann RE: Militärische Lehren aus dem Ukraine-Krieg - Quintus Fabius - 08.02.2024 Leider schreibst du ein klein wenig an dem vorbei worauf ich hinaus wollte: Ein Laser kann nur treffen, was aufgeklärt wurde. Das Problem ist nicht die Zerstörung der Drohne, das wäre selbst heute schon und ganz ohne Laser gar nicht so schwierig. Das Problem ist die Aufklärung. Und man muss ja nicht nur eine Drohne aufklären, sondern mehrere zugleich in unterschiedlichen Richtungen und ohne dass man sich durch diese Aufklärung selbst verrät was die eigene Position angeht. Ich bestreite gar nicht, dass Laser etwaig eine wertvolle Waffe werden, aber jede Wirkung benötigt ein Ziel. Und dieses muss man erstmal aufklären. Es nützt rein gar nichts, mit einem Laser auf mehrere Kilometer eine Drohne zerstören zu wollen, wenn man weder weiß dass sie da ist, noch sie aufklären kann. Der Kampf um die Aufklärung ist daher der entscheidende Kampf. Die Frage der Wirkmittel demgegenüber nachrangig. Ich hoffe ich habe es jetzt etwas verständlicher formuliert. Ergänzend: Zitat:CIWS-Hardkill-Systeme für "alle" Fahrzeuge (kann nicht die Aufklärung, zumindest aber den Angriff abwehren) Gerade eben die Aufklärung aber ist das entscheidende Problem. Die Angriffe durch Drohnen werden hingegen überschätzt und sind selbst hier und heute in Wahrheit weniger maßgeblich als die von den Drohnen gelieferte Aufklärung. RE: Militärische Lehren aus dem Ukraine-Krieg - Broensen - 08.02.2024 (08.02.2024, 14:38)Quintus Fabius schrieb:Vermutlich wird es für solche allgegenwärtigen CUAS-Systeme so etwas brauchen wie eine KI-gestützte "man-in-the-loop" Aufklärungs- und Bekämpfungsautonomie. Also eine Sensorik, die Ziele automatisch erkennt, identifiziert und einem Bediener, z.B. dem Fahrzeugkommandanten, auf einem Display zur Freigabe der autonomen Bekämpfung präsentiert. Ansonsten bräuchte man auf jedem Fahrzeuge einen Richtschützen, der nichts anderes macht, als den Himmel zu beobachten.Zitat:CIWS-Hardkill-Systeme für "alle" Fahrzeuge (kann nicht die Aufklärung, zumindest aber den Angriff abwehren)Gerade eben die Aufklärung aber ist das entscheidende Problem. Die Angriffe durch Drohnen werden hingegen überschätzt und sind selbst hier und heute in Wahrheit weniger maßgeblich als die von den Drohnen gelieferte Aufklärung. RE: Militärische Lehren aus dem Ukraine-Krieg - Quintus Fabius - 08.02.2024 Ja natürlich, dass muss vollautonom / teilautonom geschehen. Und es gibt heute schon solche Systeme beispielsweise gegen Scharfschützen / Heckenschützen, welche den Turm bereits in Richtung des Schützen ausrichten sobald dieser feuert und damit das akustische Signal trianguliert wird. Und vieles mehr. Wir benötigen eine viel leistungsfähigere Sensorik und schließlich Systeme welche diese fortlaufend auswerten und dann sofort "Alarm schlagen" wenn sie entsprechend eine Drohne ausmachen können. RE: Militärische Lehren aus dem Ukraine-Krieg - Quintus Fabius - 08.02.2024 5 wesentliche Bereiche: https://mwi.westpoint.edu/mobilizing-intellectual-capacity-for-ukraines-big-five-operational-challenges-of-2024/ Zitat:Challenge 1: Integrating old and new technology Tatsächlich ist das herstellen von Nähe zum Gegner in der Offensive zunehmend hochproblematisch. Der Kampf wird immer mehr einer der nur aus der Distanz geführt wird. Ohne solche Nähe und einen Schwerpunkt kann man aber keinen Schock erzeugen. Ohne Schock keine entscheidenden massiven Effekte erzielen. Und ohne diese unterliegt man der langsamen und zähen Abnutzung, und exakt dies ist die Kriegsführung in welcher wir sehr schlecht aufgestellt sind, und in welcher die Russen besonders befähigt sind. In einem anderen Artikel wird (mMn vollkommen richtig) die Übertragbarkeit der Lehren aus der Ukraine auf andere Kriege bezweifelt: https://warontherocks.com/2024/02/why-ukraine-is-not-a-universal-resistance-model/ Und dem kann ich mich nur anschließen. Man überhöht zur Zeit die Erfahrungen aus der Ukraine und verkennt, dass jeder Krieg einzigartig und anders ist. RE: Militärische Lehren aus dem Ukraine-Krieg - Quintus Fabius - 15.02.2024 Über die Infanterie: https://www.youtube.com/watch?v=iNH017YaaUw Zitat:Lt. Colonel, Commander of the 12th Special Forces Brigade Azov of the National Guard of Ukraine, Denys "Redis" Prokopenko, addressed the delegates of the EstMil. tech 2024 military conference in Tallinn, Estonia, via a video message. In this excerpt of the video, he speaks about the role of the infantry on the battlefield and artificial intelligence in the military sphere. RE: Militärische Lehren aus dem Ukraine-Krieg - Quintus Fabius - 20.02.2024 Und über die Infanterie in Bezug auf Ausrüstung und Basis-Kenntnisse, sozusagen Erkenntnisse aus der untersten Ebene: https://www.youtube.com/watch?v=Tge7YMi4gJs Zitat:In today's video 2 Veterans of the Ukraine War share their valuable first hand experience of the war. The Ukraine was has developed rapidly and in many ways is far different from the Global War on Terror. RE: Militärische Lehren aus dem Ukraine-Krieg - voyageur - 24.02.2024 Die 7 strategischen Lehren aus dem Krieg in der Ukraine EMA (französisch) Ukraine General Vincent Breton, Direktor des Centre interarmées de concepts, de doctrines et d'expérimentations Leitung: Armeeministerium / Veröffentlicht am: 23 Februar 2024 Rückkehr der nuklearen Rhetorik in Europa, strategische Tiefe, Transparenz des Schlachtfelds... Anlässlich des Pressebriefings des Armeeministeriums am 22. Februar erläuterte General Vincent Breton, Direktor des Centre interarmées de concepts, de doctrines et d'expérimentations, die sieben wichtigsten Lehren, die aus dem Konflikt in der Ukraine zu ziehen sind. Sie erwähnen regelmäßig die sieben strategischen Lehren aus dem Konflikt. Welche sind das? Die Maßstabsverschiebung in der Intensität des Krieges mit der Rückkehr des Krieges hoher Intensität und der nuklearen Rhetorik vor die Tore Europas. Dieser Krieg findet in allen sieben Milieus und Konfliktfeldern statt. Es wird immer schwieriger, sich auf dem Schlachtfeld zu verstecken, da dieses immer transparenter wird. Trotz dieser Transparenz ist es nach wie vor schwierig, die Absichten und Fähigkeiten seiner Gegner einzuschätzen. Der Krieg bleibt eine Konfrontation des Willens und der moralischen Kräfte. Die Notwendigkeit, über eine große strategische Tiefe zu verfügen, um in einem so langen Krieg bestehen zu können. Agilität, Innovation und Anpassungsfähigkeit sind Schlüsselfaktoren für die Vormachtstellung. Welche Auswirkungen hat die Rückkehr der nuklearen Rhetorik auf den Konflikt? Die nukleare Dialektik bedingt die Einschätzung der Natur des Konflikts und die Reaktion aller Protagonisten, auch derjenigen, die nicht als Mitspieler gelten. Man pflegt zu sagen, dass es sich um einen aggressiven Sanktuarisierungskrieg handelt, der unter einem nuklearen Gewölbe platziert ist. Moskau hat sehr regelmäßig versucht, durch Drohungen mit einer nuklearen Eskalation einzuschüchtern und zu zwingen. Wird der Krieg nunmehr im Cyberspace ausgetragen? Die Konfliktaustragung erstreckt sich auf die neuen Bereiche Cyber und Information. Im Cyberspace gab es zahlreiche Angriffe, die erhebliche Auswirkungen hatten. Sie waren jedoch nicht entscheidend, da die Ukraine sich gut auf sie vorbereitet hatte und sich vor ihnen schützen konnte. Im zweiten Fall sind Desinformation und Propaganda zwar nicht neu, aber die sozialen Netzwerke und die Hypermediatisierung der Gesellschaften verstärken sie und verleihen der Informationsschlacht, die von den beiden Kriegsparteien geführt wird, eine entscheidende Rolle. Haben diese neuen Medien die alten Räume der Konfliktualität ersetzt? Nein. Die neuen Räume ersetzen sie keineswegs, sondern ergänzen die traditionellen Medien - Land, See, Luft, Exoatmosphäre und das elektromagnetische Feld. Das terrestrische Milieu bleibt im Übrigen der Hauptschauplatz für hochintensive Schlachten, bei denen es um die Eroberung oder Rückeroberung von Territorien geht. Minenfelder, Grabenkämpfe und Artilleriegefechte werden wiederentdeckt. Sie sprechen von der Schwierigkeit, sich auf dem Schlachtfeld zu verstecken. Was verstehen Sie darunter? Das Schlachtfeld ist heute "transparenter" als je zuvor. Militärische und zivile Beobachtungssatelliten, Drohnen, elektromagnetische Aufklärung, offene Quellen, soziale Netzwerke und die Bevölkerung mit ihren Smartphones sind allesamt Sensoren, die es ermöglichen, einen Teil des "Nebels des Krieges" zu lüften. Mit Mini- und Mikrodrohnen wird beispielsweise bei günstigen Wetterbedingungen jede Bewegung des Gegners erfasst. Dadurch wird es extrem schwierig, sich vor ihnen zu verstecken. Warum ist es trotz dieser Schwierigkeit, sich zu verstecken, immer noch sehr kompliziert, die Absichten des Gegners zu erkennen? Die Transparenz des Schlachtfelds wird paradoxerweise durch die große Schwierigkeit ausgeglichen, die Absichten des Gegners zu erfassen, und zwar vor allem aus einem Grund: Wichtige Entscheidungen werden oft in sehr geschlossenen Kreisen getroffen, in denen uns die Rationalität entgeht. Vor Beginn des Krieges erschien dieser Krieg vielen klugen Experten, die Russland sehr gut kannten, als unwahrscheinlich. Sie waren zu Recht der Ansicht, dass dieser Krieg für Russland nicht zu gewinnen sei und dass er für Russland exorbitante Kosten verursachen würde. Doch trotz dieser sehr rationalen Analyse siegte die Leidenschaft über die Vernunft. Inwiefern ist der Krieg auch ein Zusammenstoß moralischer Kräfte und Willenskräfte? Das Konzept der moralischen Kräfte aggregiert grundlegende Werte wie Mut, Härte, Entschlossenheit oder auch das Vertrauen der Soldaten in ihre Mission, ihren Anführer und die Sache, der sie dienen. Leistungsfähige Ausrüstung allein reicht nicht aus, sondern muss von Frauen und Männern mit starken moralischen Kräften bedient werden. Die starken moralischen Kräfte der ukrainischen Soldaten sind in erster Linie auf die Tatsache zurückzuführen, dass sie ihr "Mutterland" verteidigen, aber auch auf den Zusammenhalt, die Mobilisierung und die Widerstandsfähigkeit der gesamten Nation, die geschlossen hinter ihren Soldaten steht. Seit zwei Jahren zeigt uns die Ukraine, dass in einem hochintensiven Konflikt das Sein und Fortbestehen nur mit einer Nation möglich ist, die geschlossen hinter einem steht. Was ist strategische Tiefe und warum spielt sie in der Schlacht eine so wichtige Rolle? Die strategische Tiefe bezieht sich auf die Gesamtheit der Ressourcen (territorial, materiell oder menschlich), die von jeder Partei mobilisiert werden können, um ihre Ziele zu erreichen. Der Zugang zu diesen Ressourcen ist unerlässlich, um in einem hochintensiven Konflikt zu bestehen und letztendlich den Sieg davonzutragen. Der Vergleich der strategischen Tiefen der beiden Kriegsparteien ließ aufgrund des scheinbaren Ungleichgewichts lange Zeit vermuten, dass es unmöglich sei, dass dieser Krieg so lange dauern könne. Doch während Russland über eine strategische Tiefe auf der Ebene eines Kontinents verfügt, der sehr reich an Rohstoffen und Waffen- und Munitionsbeständen ist, bezieht die Ukraine die ihre aus der massiven und entscheidenden Unterstützung des Westens. Beide Kriegsparteien verlassen sich enorm auf ihre Agilitäts- und Innovationsfähigkeiten. Wie sehen diese konkret aus? Die wichtigste Innovation, die wir wahrnehmen, betrifft Drohnen, genauer gesagt Mini- und Mikrodrohnen mit einem Gewicht von weniger als 25 kg. Diese Drohnen sind überall, in verschiedenen Formen und für verschiedene Zwecke zu finden. Die Ukrainer haben es verstanden, ihre Artilleriekapazität auf furchterregende Weise durch äußerst effektive Kamikaze-Drohnen zu ergänzen. Allerdings braucht eine der Kriegsparteien nur wenige Monate, um sich anzupassen und eine Parade für eine von ihrem Gegner entwickelte Innovation zu finden, wodurch einige ihrer Ausrüstungen überflüssig werden. In diesem Krieg ist die Anpassungsschleife zwischen Schwert und Schild von sehr hoher Geschwindigkeit. |