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Westliche Unterstützung für die Ukraine (Sanktionen/Waffenlieferungen/Sonstiges) - Druckversion

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RE: Westliche Unterstützung für die Ukraine (Sanktionen/Waffenlieferungen/Sonstiges) - Quintus Fabius - 16.06.2023

https://www.thedrive.com/the-war-zone/israeli-merkava-tank-has-possible-export-customer-in-europe

Laut diesem Text könnte das Nicht-Europäische Land die Phillipinen sein.

Meiner Meinung nach ist Rumänien das europäische Land. Die hätten mal wirklich Bedarf und in Rumänien gibt es angeblich allerlei Bestrebungen die eigenen Streitkräfte jetzt weiter voran zu bringen. Noch im März versuchte Rumänien an amerikanische M1 Kampfpanzer zu kommen:

https://esut.de/2023/03/meldungen/40519/rumaenien-beabsichtigt-den-kauf-von-kampfpanzern-m1-abrams/

Da die aber auch ihre Luftwaffe, ihre Artillerie, ihre Luftraumverteidigung usw. zugleich modernisieren wollen, wäre ein günstigerer Kampfpanzer in Form des Merkava natürlich für die eine hochinteressante Option.

Strelkov dazu in seiner unnachahmlichen Art:

https://vk.com/igoristrelkov?w=wall347260249_679046

Zitat:Die Nachricht von der Absicht Israels, Merkava-Panzer (200 Stück Mk1- und Mk2) an die Streitkräfte kontinentaleuropäischer Länder zu liefern, hat heute die Aktivitäten im Bereich der Moskauer Synagoge stark intensiviert. Zwischen der Synagoge und dem Kreml verkehrten VIP-Wagen mit und ohne Blinklicht. Anscheinend war das Problem:

„An wen wird sich die Merkava-Partei überhaupt wenden – Moskau oder Kiew, und wie hoch wird das Verhältnis der Lieferungen sein?“ (Nach Angaben der Agentur OBS besteht Kiew auf dem Verhältnis „3 zu 1“ zu seinen Gunsten, mit der Begründung, dass Selenskyj ein Jude ist. Moskau – auf dem umgekehrten Verhältnis und argumentiert, dass Selenskyj erstens kein Chassid sei, sondern zweitens, dass in Moskau viel mehr Juden an der Macht sind als in Regierung der Ukraine und noch mehr als in der Regierung Israels selbst. Unabhängige Politikwissenschaftler neigen zu der Annahme, dass die Panzer strikt gleichmäßig aufgeteilt werden, da sie ausschließlich für die Tötung von Russen bestimmt sind und beide Kriegsparteien dabei gleichauf herausragend gute Arbeit leisten.



RE: Westliche Unterstützung für die Ukraine (Sanktionen/Waffenlieferungen/Sonstiges) - Quintus Fabius - 06.07.2023

Diese Bundesrepublik ist inzwischen einer der größten Unterstützer der Ukraine weltweit:

Zitat:Deutschland hat sich nach Angaben des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW) zum zweitgrößten Geber von Militärhilfen an die Ukraine nach absoluten Zahlen entwickelt. Im Zeitraum vom 25. Februar bis zum 31. Mai habe Deutschland seine Zusagen um 3,26 Milliarden Euro auf 7,5 Milliarden Euro erhöht, teilte das IfW Kiel am Donnerstag mit. Darin enthalten seien zusätzliche Kampfpanzer, Iris-T-Luftabwehrsysteme und weitere Waffen für die ukrainische Luftverteidigung. Die umfangreichste Zusage für Militärhilfe im Wert von 42,8 Milliarden Euro kam von den USA.

Der Wert aller Militärhilfen an die Ukraine habe sich um gut 13 Milliarden Euro auf insgesamt rund 165 Milliarden Euro erhöht. Dänemark habe allein für dieses Jahr neue militärische Unterstützung im Wert von einer Milliarde Euro zugesagt, darunter zusätzliche Leopard-2-Panzer. Polen sagte nach IfW-Angaben zwei neue Militärhilfepakete im Gesamtwert von 581 Millionen Euro zu.

165 Milliarden Euro Militärhilfen. Das sind 179,44 Milliarden Dollar.

Der russische Wehretat betrug derweilen im Vorjahr 65,91 Milliarden (Dollar) und im Folgejahr 86,37 Milliarden Dollar. Zusammen 152,28 Milliarden Dollar. Nun kann man zwar erklären, dass es jede Menge geheime militärische Ausgaben in Russland gibt, die nicht öffentlich gezählt werden, aber andererseits verschlingen die Atomstreitkräfte der Russen einen immensen Anteil des Wehretat. Es wurde also nur ein Bruchteil dieser Summe tatsächlich für den Krieg in der Ukraine aufgewendet (Sold etc hätte man ja auch so zahlen müssen).

Die (heillos unzureichenden!) westlichen Militärhilfen übersteigen also die Ausgaben der Russen bei weitem. Und sie müssen zeitnah deutlich gesteigert werden, sonst wird der Ukraine die Luft ausgehen.


RE: Westliche Unterstützung für die Ukraine (Sanktionen/Waffenlieferungen/Sonstiges) - Schneemann - 06.07.2023

Was ich bei dieser Rechnung nicht ganz verstehe: Es heißt, dass ohne die USA die Europäer derzeit nicht in der Lage wären, die Ukraine aufzufangen bzw. ausreichend zu unterstützen. Wenn aber insgesamt 165 Mrd. Euro an die Ukraine gingen, und der Großteil dürfte aus dem Westen gekommen sein, aber die USA hiernach mit 42,8 Mrd. Euro verantwortlich zeichnen, so wären dies nur grob 25%. Meiner Ansicht nach sind die US-Hilfen aber vermutlich für 60% aller Hilfen verantwortlich. Oder ist das nur die Momentaufnahme für 2023 und für Zusagen?

Interessant und vielleicht für die Zukunft wichtig dürfte allerdings sein, dass diese enorme Summe von 165 Mrd. Euro aufgewendet wurde, ohne dass das Leben der Menschen in den westlichen Staaten großartig beeinträchtigt worden wäre oder dass gar eine Kriegsproduktion eingeführt hätte werden müssen. Da wäre also noch massiv Luft nach oben - und das wiederum könnte für uns wichtig sein bzgl. der Entwicklung in Asien, wenn es dort zum Konflikt um Taiwan kommen sollte.

Schneemann


RE: Westliche Unterstützung für die Ukraine (Sanktionen/Waffenlieferungen/Sonstiges) - Nightwatch - 06.07.2023

Naja, der Punkt ist doch was hinter diesen plakativen Zahlen steht. Die Originalquelle des Zitates von QF dürfte das hier sein:
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1303434/umfrage/bilaterale-unterstuetzung-fuer-die-ukraine-im-ukraine-krieg/

Die USA liefern also Miltiärische Hilfen von gut 42 Milliarden Euro und damit 10 Milliarden mehr als alle sonstigen gelisteten Nationen zusammengenommen. Hinzu kommen dann nocheinmal über 24 Milliarden Euro Finanzhilfen der USA. Insgesamt stemmen die USA damit dann 45% der gesamten Hilfen an die Ukraine. Da muss sich keiner beschweren. Mal abgesehen davon natürlich, dass sie vor allen Dingen halt viel mehr Panzerfahrzeuge hätten liefern müssen.

Und zu dem Punkt 'Kriegswirtschaft' - was die militärischen Hilfen angeht sind das zum größten Teil schlicht die Buchwerte des gelieferten Materials. Nur kostet es der Volkswirtschaft halt auch nichts, wenn man alte Depots leert oder Gerät ohne Ersatz abgibt. Im Gegenteil, man spart sogar Unterhaltskosten. Tatsache ist insofern tatsächlich, dass der Krieg vom Westen industriepolitisch auf Sparflamme gefahren wird. Es wäre so viel mehr möglich, wenn man nur wollen würde könnte die Ukraine mittlerweile über tausende westliche Panzerfahrzeuge und hunderte Flugzeuge verfügen - wobei man nicht mal dafür die Waffenschmieden anwerfen müsste. Aber man will halt nicht, weil eine verheerende Niederlage Russlands durch US Sicherheitspolitiker negativer bewertet wird als eine ausblutende Ukraine.


RE: Westliche Unterstützung für die Ukraine (Sanktionen/Waffenlieferungen/Sonstiges) - Quintus Fabius - 06.07.2023

Geld für sich allein ist halt auch ein Faktor der wenig aussagt. Die Frage ist vielmehr die der Geldmenge pro "Einheit Kampfkraft". Westliche Lieferungen haben eine deutlich höhere Qualität / Leistung, aber über diese hinaus nochmals deutlich höhere Kosten pro "Einheit Kampfkraft". Entsprechend kann man das eben nicht allein über das Geld bewerten.

Aber völlig unabhängig davon: die Militärhilfen für die Ukraine sind unzureichend. Wenn die Ukraine ihre Ziele erreichen will, müsste sehr viel mehr geliefert werden. Und dies geschieht nicht - wie Nightwatch es so treffend schreibt - weil es politisch nicht gewollt ist. Weil man den Umsturz in Russland mehr fürchtet als eine ukrainische Niederlage.


RE: Westliche Unterstützung für die Ukraine (Sanktionen/Waffenlieferungen/Sonstiges) - Schneemann - 07.07.2023

Grausam gesagt (im Sinne der prorussischen Apologeten): Der Absturz des von Gangstern übernommenen Russlands in die geostrategische Viertklassigkeit ist unaufhaltsam. Vermutlich sehr stark selbstverschuldet. Leider (ich hätte Russland einen würdigeren Abschied gewünscht), nun, welch ein Absturz einer einst großen Macht. Selbstverschuldet, wie gesagt.

Bitter, aber die im Kern finale und eigentliche Auseinandersetzung um die Zivilisation wird nicht die Ukraine sein. Sie ist nur ein frühes, gegebenenfalls mittlerweile im Sumpf der neosowjetischen Irrigationen verrottendes Begleitsymptom, ein leidiges, aber ein eigentlich in ihrem tiefsten, innersten Kern irrelevantes (auch wenn irgendwelche russischen Ultranationalisten gerne ihren "heiligen" Hintern woanders hin verorten und meinen, von ihnen hinge alles ab).

Die finale Auseinandersetzung zwischen den Mächten der Finsternis und den Kräften der Demokratie wird nicht in Osteuropa stattfinden, sondern in Asien. Darauf sollten wir uns konzentrieren. Die neosowjetische "Aktion" in der Ukraine ist dabei zwar sicher "störend" - egal, wie lange sie andauern mag -, aber sie ist genau genommen nicht (mehr) relevant.

Sollten wir wirklich nicht auf die diplomatische Karte, sondern die "harte Tour" setzen wollen, dann müssen wir alles auf den Bruch mit und den Krieg mit Rotchina vorbereiten. Und zwar jetzt. Völlig egal, was Moskau denkt oder denken könnte oder mal denken wöllte...

Schneemann


RE: Westliche Unterstützung für die Ukraine (Sanktionen/Waffenlieferungen/Sonstiges) - Quintus Fabius - 07.07.2023

An dieser Stelle kann ich wieder einmal nur davor warnen Russland zu unterschätzen. Die pro-ukrainische Echokammer hat hier ein zunehmend völlig verzerrtes Bild generiert, welches inzwischen meiner Meinung nach der Ukraine schadet, weil es die notwendigen westlichen Waffenlieferungen mindert.

Bezüglich der russischen militärischen Stärke die heute genau so leichtfertig verächtlich gemacht wird, wie sie vor dem Krieg zu sehr überhöht wurde, sollte man halt auch realisieren, dass das BIP von Russland kleiner ist als von Italien oder Kanada und nicht mal weit weg von dem von Brasilien.

Bis zum Krieg war der russische Wehretat kleiner als der von Frankeich oder Saudi-Arabien und wie schon geschrieben muß man dabei beachten, welch immensen Anteil vom Wehretat die Atomwaffen verschlingen.

Der Anteil den Russland für seine konventionellen Streitkräfte ausgibt, war bis zum Krieg ironischerweise auch ungefähr so groß wie das was Italien für seine Streitkräfte ausgibt.

Schlussendlich müsste man das mal bildlich so darstellen: dass Italien mit seiner Wirtschaft und seinen Streitkräften in der Lage ist einen großen konventionellen Krieg gegen eine der stärksten konventionellen Armeen Europas (die Ukraine hatte bei Kriegsbeginn in Wahrheit sehr starke Streitkräfte) zu führen und dann diesen Krieg gegen die Unterstützung der gesamten NATO und weiterer Länder weiter führen zu können. Und dies einfach so nebenbei, denn Russland hat weder auf eine Kriegswirtschaft umgestellt noch investieren die Russen allzuviel in den Krieg.

Denn die Wahrheit ist, dass wir zwar auch praktisch gesehen fast nichts für diesen Krieg aufwenden (auch wenn die genannten Zahlen etwas anderes implizieren), dass aber auch Russland diesen Krieg wie nebenbei führt und sich dort eben nicht mit allen Kräften involviert. Beim aktuellen Stand und der Fortführung des Status Quo kann Russland diesen Krieg noch jahrelang weiter führen, und auch wir können in Wahrheit auf gleichem Niveau noch jahrelang weiter Hilfen in diesem Ausmaß leisten, ohne dass sich dadurch groß etwas ändert. Verbleibt die Frage, ob die Ukraine in diesem bösen Spiel noch jahrelang durchhalten kann. Und ab welchem Zeitpunkt die russische Bevölkerung die Nerven verliert und die Geister welche die russische Regierung selbst herbei beschworen hat außer Kontrolle geraten.

Vor allem aber sollte man nicht glauben, dass die Vorgänge in Russland rationalen Mustern folgen, dass dahinter Logik und Vernunft stecken. Je länger aber der aktuelle Zustand anhält, desto größer wird das Risiko, dass die extreme Irrationalität sich in einer katastrophalen Weise Bahn bricht. Entsprechend muss der Krieg in jedweder Weise abgekürzt werden.

Damit der Krieg erheblich abgekürzt werden kann, muss man entweder hier und jetzt auf einen Verhandlungsfrieden drängen, wobei die Ukrainer da nichts mitzureden haben. Denn die Ukraine ist in Wahrheit inzwischen vollkommen von uns abhängig und wenn wir dies als Druckmittel tatsächlich einsetzen würden, müsste die Ukraine einknicken. Dann müsste man den Russen allerdings Zugeständnisse machen, beispielsweise die rechtswidrige Annektierung der Krim anerkennen, dafür dass die Russen aus der Ostukraine abziehen etc. Dies würde die russische Führung im Inneren stabilisieren, weil sie ihrer Bevölkerung etwas als "Beute" / "Sieg" vorweisen könnte. Es würde aber auch zugleich der Raubtier / Mafialogik dieser Regierung folgend die Gefahr nach sich ziehen, dass diese das gleiche Muster erneut verfolgt. Man hat also Frieden, Russland implodiert nicht mit unkalkulierbaren Folgen, dafür hat man das Risiko von Folgekriegen.

Oder: man liefert jetzt endlich massiv Waffensysteme an die Ukraine, womit diese befähigt wird den Krieg mit militärischer Gewalt zeitnah zu beenden. Diese würde die russische Regierung intern massiv schwächen, Russland wäre damit gebunden die inneren Folgen der Niederlage niederzukämpfen. Folgekriege wäre nicht so zeitnah zu erwarten, da innere Unruhen Russland massiv binden würden. Hier besteht aber nun das Risiko, dass Gruppen an die Macht kommen, die ein erhebliches Problem darstellen. Das wird aber nicht in jedem Fall so sein. Die Wahrscheinlichkeit dass es bei einer militärischen Niederlage dem System Putin gelingt die inneren Unruhen niederzuschlagen ist im Prinzip höher. Die folgende Unterdrückung der eigenen Bevölkerung welche dann notwendig würde, wird Russland auf Jahre hinaus lähmen. Wenn der Krieg also zeitnah militärisch verloren wird, aber das System Putin trotzdem an der Macht bleibt, dann wäre dies der anzustrebende Idealzustand, weil dies Russland insgesamt langfristig gesehen am meisten schwächen würde. Was das Ziel sein muss, um Russland aus dem Spiel zu nehmen und damit den Rücken gegen Westtaiwan frei zu haben.

Deshalb ist insgesamt meine Schlußfolgerung, dass man hier und jetzt massivst und sofort Waffen an die Ukraine liefern muss, damit diese zeitnah und schnell militärisch siegen kann. Auch dies hat erhebliche Risiken (aufgrund möglicher innenpolitischer Folgen in Russland und diesen folgend hoher Gefahren für die außenpolitische Sicherheit), aber es gibt hier und jetzt überhaupt gar keine Vorgehensweise oder Strategie mehr, die nicht erhebliche Probleme und Risiken nach sich ziehen würde. In einer Gesamtabwägung wäre das Risiko bei einem zeitnahen ukrainischen Sieg auf dem Schlachtfeld immer noch geringer als bei anderen möglichen Entwicklungen.

Entsprechend sollte man jetzt sofort massivst Waffen an die Ukraine liefern. Die Ukrainer viel weitergehender ausbilden. Den Ukrainern eine leistungsstarke Luftwaffe finanzieren und ihnen auf der Stelle weitreichende Raketenartillerie geben.

Man benötigt aber zugleich auch eine Strategie, wie es nach dem militärischen Sieg der Ukraine weiter gehen soll und dass ist meiner Ansicht nach aktuell das Hauptproblem. Wir haben eigentlich überhaupt keine Strategie in Bezug auf den weiteren Umgang mit Russland nach der Niederlage in der Ukraine. Die ganze Politik die da angedacht wird ist keine Realpolitik und von irgendwelchen unsinnigen moralisch/ethischen Überlegungen geprägt. Beispielsweise das Getöse über ein internationales Gerichtsverfahren gegen die russische Führung usw.

Ironischerweise liegt in der Gangster / und Mafiakultur der russischen Regierung eigentlich eine Chance, auch bei einer Niederlage Russlands mit dieser einfach wieder zu einem "normalen" Umgang zu kommen, man könnte auch einfach so wieder ins Geschäft kommen. Eine vernünftige Realpolitik gegenüber Russland könnte hier den Ausschlag geben, dass die russische Regierung sich dann gegen ihr eigenes Volk halten kann und dadurch wird Russland noch weiter geschwächt. Denn nichts hat Russland so sehr geschadet wie das System Putin, entsprechend sollte dieses System in unserem eigenen Interesse weiter bestehen.

Diese Nachkriegs-Strategie müsste man parallel zu den massiven Waffenlieferungen an die Ukraine bereits hier und jetzt als Deeskalierendes Element der russischen Führung kommunizieren, damit diese auch mal eine gewisse Sicherheit für die Frage bekommt wie es nach dem Krieg weiter geht. Da es sich um völlig amoralische Gangster handelt, haben die entsprechend auch keine Skrupel sich auf so etwas einzulassen, solange es nur ihnen zum Vorteil gereicht.

Kurz zusammengefasst: Viel mehr Kampfpanzer, Viel mehr Raketenartillerie und weitreichende Raketen, eine ukrainische Luftwaffe hier und jetzt. Und zugleich die Aufnahme von Verhandlungen im Rahmen einer Geheimdiplomatie mit Russland über eine Nachkriegs-Strategie die es der russischen Elite ermöglicht an der Macht zu bleiben und persönliche Vorteile aus der Niederlage zu ziehen.


RE: Westliche Unterstützung für die Ukraine (Sanktionen/Waffenlieferungen/Sonstiges) - lime - 07.07.2023

(07.07.2023, 08:30)Quintus Fabius schrieb: Bezüglich der russischen militärischen Stärke die heute genau so leichtfertig verächtlich gemacht wird, wie sie vor dem Krieg zu sehr überhöht wurde, sollte man halt auch realisieren, dass das BIP von Russland kleiner ist als von Italien oder Kanada und nicht mal weit weg von dem von Brasilien.

Nach Kaufkraftparität liegt Rußland aber weltweit auf Platz 6 und da der Wehretat hauptsächlich im eigenen Land ausgegeben wird ist nur dieser Wert aussagekräftig.


RE: Westliche Unterstützung für die Ukraine (Sanktionen/Waffenlieferungen/Sonstiges) - Nightwatch - 07.07.2023

@Quintus Fabius
Zitat:
Der Anteil den Russland für seine konventionellen Streitkräfte ausgibt, war bis zum Krieg ironischerweise auch ungefähr so groß wie das was Italien für seine Streitkräfte ausgibt.

Schlussendlich müsste man das mal bildlich so darstellen: dass Italien mit seiner Wirtschaft und seinen Streitkräften in der Lage ist einen großen konventionellen Krieg gegen eine der stärksten konventionellen Armeen Europas (die Ukraine hatte bei Kriegsbeginn in Wahrheit sehr starke Streitkräfte) zu führen und dann diesen Krieg gegen die Unterstützung der gesamten NATO und weiterer Länder weiter führen zu können. Und dies einfach so nebenbei, denn Russland hat weder auf eine Kriegswirtschaft umgestellt noch investieren die Russen allzuviel in den Krieg.
Wie hoch die Belastungen für Russland tatsächlich sind lässt sich von außen nur schwer einschätzen, sicherlich richtig ist allerdings, dass das nicht zum entscheidenden Faktor werden wird.
Es gibt aber eine sehr einfache Erklärung warum das Wirtschaftlich kleine Russland (und nebenbei auch der Zwerg Ukraine) zu Kriegsführung in dieser Intensität befähigt sind: Jahrzehnte der Überrüstung in der Sowjetunion. Russland verbrennt hier Wehrmaterial, das dezidiert nicht mit der jetzigen Wirtschaftsleistung hätte generiert werden können.
Die Frage ist dabei dann was passiert wenn einzelne Komponenten der überbleibenden Reserven aus der Sowjetunion unter kritische Schwellen fallen.


RE: Westliche Unterstützung für die Ukraine (Sanktionen/Waffenlieferungen/Sonstiges) - Quintus Fabius - 07.07.2023

lime:

Selbstverständlich. Ansonsten könnte sich Russland diesen Krieg in keinster Weise leisten, nicht einmal wennman dafür nur sowjetisches Rüstungsmaterial aus früheren Zeiten verwenden würde. Zudem wurden und werden die Atomstreitkräfte durchaus fortwährend und massiv erneuert, was sich Russland in diesem Maße ebenfalls nicht leisten könnte, wäre dem nicht so. Denn die Atomstreitkräfte verschlingen Unmengen an Geld. Zum Platz Nummer 6

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/36918/umfrage/laender-weltweit-nach-bruttoinlandsprodukt/

sollte man allerdings noch anmerken, dass dieser auf Schätzungen beruht und es auch andere Schätzungen gibt.

Und man könnte beispielsweise darauf hinweisen, dass das kaufkraftbereinigte BIP von Deutschland größer ist als sein BIP ! Entsprechend müssten wir eigentlich uns ebenfalls mehr leisten können, aber das Gegenteil ist der Fall.

Sieh dir die Bundeswehr an ! Sie würde selbst gegen die real existierende russische Armee einfach nur verlieren. Die Stärke der Russen mit dem was sie haben eine beachtliche Streitmacht aufzustellen macht unsere eigene Schwäche nur umso erbärmlicher.

Nightwatch:

Wie schon an anderer Stelle geschrieben könnte Russland durchaus deutlich mehr Waffen produzieren als es dies jetzt tut. Vor allem anderen krankt das aber am Mangel an Technikern und Ingenieuren. Beispielsweise weiß ich aus erster Hand, dass da in einem Werk in welchem Panzer gefertigt werden ein einzelner Typ mit Assistent die Funkgeräte einbaut. Das ist Manufakturfertigung in Reinform, unglaublich langsam. Obwohl durchaus sehr viele Mitarbeiter in diesem Werk beschäftigt sind, gibt es nur diesen einen Typen der die dafür notwendigen Fähigkeiten hat die Funkgeräte mit der Elektronik des Fahrzeuges zu verbinden. Das ist absurd.

Bei Kampfflugzeugen soll das ganze noch extremer sein. Die werden im Prinzip in liebevoller Handarbeit in mittelalterlicher Weise mühsamst zusammengebaut. Da geht einfach nichts voran, weil die wenigen die das können halt auch nur 24 Stunden pro Tag haben und weil moderne Maschinen fehlen. Da wird unglaublich viel mit Methoden zusammen gebaut, die man sich nicht vorstellen kann in unserer westlichen modernen Industrie.

Dazu kommt die übliche Willkür und Schlamperei bei den Zulieferern und die schier unfassbaren Qualitätsunterschiede bei allem was man so kriegt. Da werden beispielsweise elektronische Bauteile geliefert, wo man ernsthaft einfach PNP Transistoren eingebaut hat, wo NPN Transistoren sein müssten, und die Begründung ist dann ein Achselzucken und die Aussage, man habe halt nur die ersteren da gehabt. Und die wissen, dass dies nicht funktioniert, aber es ist ihnen egal (aus welchen abstrusen Gründen auch immer). Genau genommen vernichtet man auf diese Weise regelmässig Arbeitskraft und Mittel in schier lächerlicher Art und Weise. Entsprechend muss jedes einzelne elektronische Bauteil ständig neu nachgeprüft und überprüft und auf Richtigkeit und Vollständigkeit all seiner Komponenten hin durchgesehen werden. Alles immens zeitraubend.

Würden die einfach mal anfangen mehr Techniker und Ingenieure richtig auszubilden, eine einfache ganz normale Qualitätssicherung durchzusetzen und eine Standardisierung von Verfahren zu erzwingen, könnte Russland immens viel mehr Waffen produzieren.

Jetzt kann man natürlich erklären, dass die das nie mehr hinkriegen werden, aber das halte ich eben für risikoreich. Rein theoretisch könnten die das durchaus hinkriegen, es wäre gar nicht so schwer. Denn die Verfahren kann man vom Westen einfach kopieren und das Niveau dort ist so niedrig, dass selbst sehr einfache Verbesserungen immense Wirkung erzielen würden. Einfachste Qualitätssicherung auf einem für uns als Westen unzureichenden Niveau würde dort bereits Welten ausmachen.

Stattdessen schraubt man hobbymäßig am Nachmittag mal ein paar Stunden an einem nie fertig werdenden Kampfhubschrauber herum um dann festzustellen, dass etliche Kabel gar nicht verbaut wurden die da eigentlich sein müssten. Dann zuckt man mit den Achseln, trinkt sich einen und schraubt halt an einer anderen Stelle weiter vor sich hin zum festzustellen, dass die Bauteile dort nicht den Maßen entsprechend und daher nicht ineinander passen. Also setzt man sich zusammen, trinkt mal noch einen und plant, wie man die gelieferten falschen Bauteile irgendwie anpassen könnte (da was umlöten (von Hand), da was wegfeilen, da einfach ein Zusatzkabel usw usf. Mittelalterliche Manufaktur in Reinform und selbst damals hatten die Gilden höhere Qualitätsstandards und eine bessere Qualitätssicherung.

Man muß sich mal nur das teilweise irrelale Kuddelmuddel in erbeuteten russischen Drohnen ansehen. Die ganze wüst irgendwie zusammen gestückelte Elektronik da drinnen ist eigentlich ein gutes Abbild der Zustände der in der gesamten russischen Rüstungsindustrie.

Beschließend benötigt die Ukraine viel mehr Waffen, sofort, hier und jetzt, und auch und vor allem anderen Systeme höherer Reichweite.


RE: Westliche Unterstützung für die Ukraine (Sanktionen/Waffenlieferungen/Sonstiges) - Schneemann - 08.07.2023

@Nightwatch
Zitat:Es gibt aber eine sehr einfache Erklärung warum das Wirtschaftlich kleine Russland (und nebenbei auch der Zwerg Ukraine) zu Kriegsführung in dieser Intensität befähigt sind: Jahrzehnte der Überrüstung in der Sowjetunion. Russland verbrennt hier Wehrmaterial, das dezidiert nicht mit der jetzigen Wirtschaftsleistung hätte generiert werden können.
Folgt man dieser Logik - ich erachte sie durchaus für schlüssig -, so müsste der Konflikt aber früher oder später zwar vielleicht nicht zum Erliegen kommen, aber dennoch in der Intensität deutlich zurückgehen. Ergo: Die Panzerkolonnen und das Trommelfeuer der letzten 16 Monate werden immer mehr nachlassen und das ganze Spektakel müsste zu einem low-intensity conflict werden - zumindest wenn keine massiven Lieferungen ausländischer Akteure hinzukommen würden. Dass der Konflikt in Intensität nachlässt, sehe ich derzeit aber noch nicht wirklich, er mag sich zwar auf Brennpunkte und weniger auf ausgedehnte Frontlinien konzentrieren, aber es wird immer noch aus allen Kanten geschossen.

Aktuell:
Zitat:USA wollen Ukraine Streumunition liefern [...]

Russland hat die von den USA angekündigte Lieferung von Streumunition an die Ukraine als weitere Eskalation im Krieg bezeichnet. „Washington erhöht seinen Einsatz in dem Konflikt weiter“, sagte der russische Botschafter in den USA, Anatoli Antonow, nach Angaben des Außenministeriums in Moskau. Auch ohne die Streumunition seien die USA tief verstrickt in den Konflikt und brächten „die Menschheit näher an einem neuen Weltkrieg“.

Die USA seien so besessen von der Idee, Russland eine Niederlage zuzufügen, dass sie die Schwere ihrer Handlungen nicht berücksichtigten, sagte Antonow. Die Lieferung von Streumunition sei eine „Geste der Verzweiflung“, mit der die USA und ihre Verbündeten ihre Impotenz an den Tag legten. Sie wollten nicht ihre eigenen Misserfolge einräumen bei der ukrainischen Gegenoffensive gegen die russischen Stellungen. „Deshalb begehen sie neuen Irrsinn.“

Der Einsatz von Streumunition wird nach Darstellung Antonows die Zahl der Kriegsopfer erhöhen und den „Todeskampf des Kiewer Regimes“ nur verlängern. Washington missachte auch die Meinung seiner Verbündeten, die den Einsatz von „wahllos“ tötender Streumunition ablehnten. Antonow wies darauf hin, dass viele NATO-Mitglieder dem Vertrag zur Ächtung von Streumunition beigetreten seien. Deutschland folgt wie mehr als 100 weitere Staaten dem sogenannten Oslo-Übereinkommen - die USA und auch Russland nicht.
https://www.faz.net/aktuell/politik/ukraine-liveticker-moskau-usa-bringen-menschheit-neuem-weltkrieg-naeher-faz-18495964.html

Schneemann


RE: Westliche Unterstützung für die Ukraine (Sanktionen/Waffenlieferungen/Sonstiges) - Quintus Fabius - 08.07.2023

Ergänzend:

https://www.spiegel.de/ausland/usa-liefern-ukraine-streumunition-a-f85ab79d-4842-441a-8044-93e29e91ac58

Zitat:Biden selbst verteidigte die Lieferung von Streumunition und bezeichnete sie als eine Übergangslösung. »Dies ist ein Krieg, der mit Munition zu tun hat. Und die Munition geht ihnen aus, und wir haben nur noch wenig davon«, sagte Biden in einem CNN-Interview, das am Freitag in Teilen veröffentlicht wurde. Deshalb habe er schließlich die Empfehlung des Verteidigungsministeriums angenommen, Streumunition »nicht dauerhaft, sondern für eine Übergangszeit« zu liefern, bis die USA wieder in der Lage seien, mehr von der benötigten Munition zu produzieren.

Das ist mal eine hochinteressante Aussage !

Was werden wir eigentlich machen, wenn Westtaiwan anfangen würde seinen Industriell-Militärischen Komplex anzuschmeißen und Russland mit Waffen und Munition vollmüllt ?! Oder wenn die Russen dann doch auf totale Kriegswirtschaft umstellen und alles in Waffen umsetzen ?!


RE: Westliche Unterstützung für die Ukraine (Sanktionen/Waffenlieferungen/Sonstiges) - Nightwatch - 08.07.2023

Während es natürlich eine gewisse bis erhebliche Munitionsknappheit gibt kann es natürlich auch sein, das diese Begründung als (zusätzliches) Argument ins Feld geführt wird um die Lieferung der schrecklichsten Waffe aller Zeiten politisch vertreten zu können.


RE: Westliche Unterstützung für die Ukraine (Sanktionen/Waffenlieferungen/Sonstiges) - Helios - 08.07.2023

(08.07.2023, 08:42)Quintus Fabius schrieb: Was werden wir eigentlich machen, wenn Westtaiwan anfangen würde seinen Industriell-Militärischen Komplex anzuschmeißen und Russland mit Waffen und Munition vollmüllt ?!

Warum sollten sie das tun? Für sie genauso wie für den Westen ist ein langsames Ausbluten Russlands doch die wesentlich bessere Strategie.


RE: Westliche Unterstützung für die Ukraine (Sanktionen/Waffenlieferungen/Sonstiges) - Nightwatch - 08.07.2023

Zudem wäre es für sie auch eher suboptimal wenn der Westen gezwungen wird, seinerseits voll in die Munitionsproduktion einzusteigen.