Ritterorden
#24
Der Schwertbrüderorden

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Der Orden der Schwertbrüder von Benninghoven, ein ausführliches Werk zur kurzen aber äußerst ruhmreichen Geschichte dieses Extremen Militärordens.


Genau genommen hießen die Schwertbrüder gar nicht so, sondern wurden nur aufgrund ihres Ordenszeichens so genannt, einem roten Schwert auf weißem Grund. Der wahre Name des Ordens war:

Ritterschaft Christi von Livland

Selbst nannten sich die Ordensritter oft einfach Christusritter. Bei Wikipedia und in den meisten Büchern steht nun, dass der Bischof von Riga diesen Ritterorden gegründet hat. Das ist aber ganz genau genommen nicht richtig, der eigentliche Ordensgründer war ein Zisterzienser Abt, Theoderich von Treiden. Die ersten Ritter wurden im Raum von Lübeck rekrutiert, der Orden bildete sich im Jahr 1201 (und nicht 1202 wie es oft geschrieben steht).

Hintergrund ist der im Jahr 1200 gepredigte Kreuzzug gegen die Livländer, der zur Bildung eines Norddeutschen Kreuzzugsheeres führte, dass dann nach Livland zog. Einige der Norddeutschen Ritter dieses Kreuzzugsheeres bildeten dann die ersten Ritter des Schwertbrüderordens.

Im Jahr 1204 anerkannte dann der Papst den neuen Ritterorden und stellte ihn in diesem Jahr offiziell unter die Kontrolle des Bischofs von Riga, Albert von Buxhovden. Gemäß den Weisungen des Papstes sollten die Ritter die Lande des Bischofs durch Eroberung mehren (was sie tatsächlich einige Zeit lang machten) und die Bischofsburg in Riga bewachen (was nie taten, was der Bischof aber angesichts der weiteren Entwicklung nicht mehr einforderte). Der Orden war aber während seiner gesamten Zeit meistens eher in Opposition zum Bischof (dann Erzbischof) von Riga. Offiziell war der Bischof von Riga die oberste Gewalt in Livland, und zwei drittel aller Eroberungen die der Orden im weiteren machen sollte, sollte gemäßt päpstlicher Anweisung direkt dem Bischof übergeben werden.

Von 1204 bis 1208 eroberten die Schwertbrüder dann tatsächlich einen Großen Teil von Lettland und Estland, was ihnen zum einen aufgrund ihrer extrem agressiven Kriegsführung mit sehr hohen eigenen Verlusten, zum anderen vor allem aufgrund von Stammeskämpfen zwischen den Livländischen Stämmen gelang. Die eigenen Verluste waren aber so hoch, dass die eroberten Gebiete nicht gehalten werden konnten und bei alsbald ausbrechenden Aufständen bis 1223 vollständig wieder verloren gingen.

1224 kam dann ein neues Kreuzzugsheer nach Livland und die verlorenen Gebiete wurden von den Schwertbrüdern wieder erobert. Zugleich kam es zu Kämpfen der Schwertbrüder mit den Truppen des Bischofs von Riga und den Aufgeboten der Bürger der Stadt Riga. Der Bischof wollte die Fortschritte des Ordens in Grenzen halten und die Vorherrschaft seines Bistums mit allen Mitteln durchsetzen. Da sich der Orden aufgrund von übertrieben wortwörtlicher Auslegung der päpstlichen Anweisungen seinem Griff in den Grenzgebieten von Livland vollständig entzog, gründete der Bischof von Riga ein neues Bistum in diesen Grenzgebieten und zwar das Bistum von Dorpat. Beim Papst erlangte der Bischof von Riga dann die Ernennung seiner selbst zum Erzbischof.

Der Schwertbrüderorden reagierte darauf, indem er sich mit den Bürgern von Riga verbündete, die die Herrschaft des Bischofs ebenso ablehnten. Außerdem knüpfte der Orden eigene diplomatische Beziehungen zu den Norddeutschen Städten aus denen die meisten Ordensritter zu dieser Zeit noch stammten. Es gelang dem Orden so den Bischof zu kontern und bis 1235 sich ein eigenes völlig unter der Kontrolle des Ordens stehendes Gebiet in den Semgallen, im Kurland und südlich der Duna zu schaffen.

Um 1235 flauten die Konflikte in Livland dann stark ab, es war ein Machtgleichgewicht entstanden, bei dem alle Seiten ungefähr gleich viel Land besaßen und gleich stark waren, so dass keine der Seiten mehr voran kam. Livland war zu dieser Zeit gedrittelt, zwischen dem Herrschaftsgebiet des Erzbischofs von Riga, dem Herrschaftsgebiet der Ordensbrüder und verbliebenen freien heidnischen/christlichen Livländischen Stämmen.

Dieses Machtgleichgewicht zerbrach durch die Landnahme der Dänen in Estland und die Ansprüche des Dänischen Königs auf Livland und den zugleich stattfindenden Versuch des Schwertbrüderordens, das Machtgleichgewicht durch neue Eroberungen im heidnischen Gebiet zu seinen Gunsten zu durchbrechen. Der Orden fiel mit allen verfügbaren Kräften im Jahr 1236 in Litauen ein um dieses Gebiet für sich zu erobern und damit die eigene Machtbasis auszubauen. Nach anfänglichen spektakulären Erfolgen endete der Feldzug jedoch am 22 September 1236 in einer vollständigen Niederlage des Ordens in der Schlacht von Saule gegen die vereinten heidnischen Stämme der Kuren, Letten, Esten und Litauer.

Wie schon beschrieben boten die Schwertbrüder darauf hin an, dem Deutschen Orden beizutreten. Dies war jedoch gegen den ausdrücklichen Willen des Erzbischofs von Riga, der insgeheim sehr froh über die Niederlage des Ordens war. Es enstand ein diplomatisches Tauziehen zwischen dem Orden und dem Erzbischof das der Papst dann mit einer Bulle am 14 Mai 1237 beendete. Der Schwertbrüderorden wurde in den Deutschen Orden eingegliedert, aber der Papst bestimmte zugleich, dass der Deutsche Orden nur ein drittel seine Eroberungen in Livland behalten dürfe, der Rest müsse an den Erzbischof gehen. Des weiteren schrieb der Papst vor, dass der Ordenszweig in Livland ein eigenes militärisches Oberkommando und einen eigenen Landmeister haben müsse und nicht dem Meister von Preußen unterstellt sein dürfe.

Noch darüber hinaus ordnete de Papst an, dass der als Reichsfürst anerkannte Erzbischof von Riga im Gegenzug die Hoheit auch über alle preußischen Bistümer erhalten solle. Die Bulle anerkannte zwar den Vorrang des Deutschen Ordens in Preußen, übergab aber zumindest die geistliche Gerichtsbarkeit in Preußen dem Erzbischof in Livland.

Diese Zwistigkeiten nutzten die Dänen um in Livland Fuß zu fassen. Sie boten sich dabei zugleich wenn es ihnen nützte dem Orden dort als Verbündete gegen den Erzbischof an. In der Folge dessen entstand in Livland dann eine Teilung der Macht und des Landbesitzes zwischen dem Erzbischof von Riga, den Dänen und dem Deutschen Orden.

1238 besetzten die Dänen das Gebiet von Wierlanden, und gerieten dadurch in den Konflikt mit dem Deutschen Orden in dem dieser aber wie obig ausgeführt unterlag. Die Dänen gewannen dadurch das Gebiet von Reval wie schon erwähnt dazu, kämpften aber dann mit dem Deutschen Orden zusammen gegen den Erzbischof und im Nordosten ihres Gebietes gegen die Russen. Es gelang dem Livländischen Zweig des Deutschen Ordens zusammen mit den Dänen den Russen den Zugang zur Ostsee weitgehend zu sperren, was nach der Eroberung von Pleskau durch den Orden dann zum Krieg mit Nowgorod führte. Schon 1240 hatte Nowgorod mit einem schwedischen Kreuzzug zu kämpfen, der in sein Gebiet eingefallen war. 1242 folgte diesem dann ein Kriegszug des Deutschen Ordens der jedoch in der Schlacht auf dem Peipussee am 5 April 1242 abgeschlagen wurde.

Einer der Gründe für diese Niederlage war der ständige Wiederstand der Bischöfe von Livland gegen den Orden und insbesondere die Angriffe des Erzbischofs von Riga, die sich in einem regelrechten Propaganda Feldzug gegen den Orden entluden. Das ganze ging so weit, dass der Erzbischof Feinde des Ordens in Livland ganz offen militärisch unterstützte bis dahin, dass Truppen des Bischofs eine Burg des Ordens eroberten und schleiften.

Aus den vielen Schmähschriften die der Klerus von Livland gegen den Orden beim Papst einreichte und die bis heute erhalten sind, kann man sehr gut ersehen, dass die Integration der Schwertbrüder in den Deutschen Orden keine Einbahnstraße war, sondern dass die Schwertbrüder den Livländischen Zweig des Deutschen Ordens massiv beeinflussten. Der ganze Konflikt mit dem Erzbistum Riga hatte ja seinen Ursprung in der Fehde der Schwertbrüder mit diesem. Aber auch vom Verhalten her unterschieden sich die Ritter in Livland vom Rest des Ordens.

Eine Besonderheit war es beispielsweise, dass die Livländischen Ritter eigene Verwundete töteten, damit diese den Fortgang der Kämpfe nicht behinderten. Außerdem verbrannten sie ihre Toten. Beides war gegen die Katholische Lehre und von einer extremen Härte die die des Deutschen Ordens in anderen Gebieten weit übertraf. Die Ritter in Livland galten zudem als sittenstrenger was die Keuschheit und das Leben unter Entbehrungen angeht, gleichzeitig aber als viel zu diesseitig und zu wenig religiös. Insbesondere in der Anfangszeit lebten die Ritter in Livland in extremer Armut und im Gegensatz zu allen anderen Ritterorden wurde ihnen selbst von ihren ärgsten Feinden nie der Vorwurf gemacht, dass sie Frauen geschändet hätten oder das sie Homosexualität toleriert hätten, die gerade bei anderen der Ritterorden weit verbreitet war. Dafür wurde ihnen Vorgeworfen, Heidnische Bräuche (wie das Verbrenen der Toten) übernommen zu haben, nicht zu beten und keine bzw viel zu wenige Gottesdienste zu halten.

Desweiteren wurde den Schwertbrüdern und dann dem Livländischen Zweig des Deutschen Ordens vorgeworfen, dass sie keinerlei Interesse an der Mission der Heiden hätten, sondern diese einfach immer nur umbringen würden, völlig gleich ob sich diese zum Christentum bekehren wollten oder nicht. Die Schwertbrüder sollen zudem Sklavenjagden veranstaltet haben.

Die extreme Härte, geringe Religiösität bei zugleich extrem strenger Einhaltung der Ordensregeln im Inneren (Keuschheit, Armut, Gebot zum Kampf usw) machten die Schwertbrüder zu einem Orden der sich aufgrund seiner Strenge deutlich von den anderen Ritterorden dieser Zeit unterschied. Insbesondere ging der Orden extrem brutal gegen Homosexuelle vor (wobei aber nur wenige Fälle bekannt sind, was sicher daran liegt, dass solcherart veranlagte Ritter sich diesem Orden eher nicht anschlossen), die in anderen Orden in dieser Zeit insgeheim toleriert wurden.

In der Kriegsführung waren die Schwertbrüder einer der, oder sogar der agressivste aller Ritterorden, was zugleich zu so hohen eigenen Verlusten führte, dass der Orden sich nur kurze Zeit halten konnte. Auch nach der Aufnahme in den Deutschen Orden prägten die Schwertbrüder dann den Livländischen Zweig des Deutschen Ordens noch lange Zeit.
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