(Luft) Boeing P-8A Poseidon in der Bundeswehr (Zwischenlösung P-3C-Nachfolger)
(08.06.2022, 07:14)Helios schrieb: Bei solchen Maschinen spielt das eigentliche Basisflugzeug (sofern es keine Eigenentwicklung ist, siehe P-1) keine besondere Rolle, insofern ist es völlig egal, ob die E-7 und P-8 auf der 737NG aufbauen - Vorteile ergeben sich daraus nur marginal. Das wichtige ist die jeweils integrierte Technik, das gilt sowohl auf Sensorseite wie auch hinsichtlich der Gesamtsystemarchitektur als solche, und die unterscheidet sich schon recht deutlich zwischen beiden Mustern. Genau diese Systemarchitektur ist aber auch der Grund, warum es mittel- und langfristig besser ist hier eine europäische Lösung zu entwickeln, selbst wenn kurzfristig andere Muster schneller eine höhere Leistungsfähigkeit ermöglichen. Denn bei dieser Systemarchitektur geht es nicht um das Kernelement eines MPA, vielmehr ist sie ein Schlüssel zur europäischen Souveränität im Kontext der zu entwickelnden militärischen Vernetzung (siehe bspw. FCAS, Combat Cloud, usw.). Dieser Punkt ist DIE technologische Herausforderung der Gegenwart und Zukunft, und hier zu zögern und zu zaudern, nur um dann ausländisches Material zu beschaffen, heißt nichts anderes als gegen die langfristigen nationalen und europäischen Interessen zu handeln.

Ich hätte es mir auch so gewünscht, aber Politik, Militär und in Industrie standen sich hier mal wieder gegenseitig im Weg.

(08.06.2022, 07:14)Helios schrieb: Dieser Punkt unterscheidet das Projekt MAWS im übrigen auch von irgendwelchen anderen angebotenen MPA-Lösungen, die in der Regel aufgrund von Kleinstaufträgen oder in Form von industriellen Eigenentwicklungen in sich geschlossene Systeme marktverfügbarer Technik darstellen. Sowas kann man von der Stange kaufen, und sie erfüllen ihren Job jetzt und in zehn Jahren, sie werden aber nur sehr eingeschränkt die Fähigkeit haben, einen Knoten im vorgenannten Netzwerk zu bilden und daher über die Zeit hinsichtlich ihrer Effektivität und damit auch ihrer realen Kampfkraft deutlich verlieren.

Aber eben genau das was die Bundeswehr hier und jetzt brauchte und als Übergang gefordert hat. Ein MPA mit großer Reichweite dass fliegt und kein System der Systeme das evtl. irgendwann fliegt.
Hätte man hier bei Airbus bereits Vorarbeit geleistet und ein entsprechendes System (Kleinstaufträge, Eigenentwicklungen und in sich geschlossene Systeme sind ja keine unüberwindbaren Hürden wenn ich Dich richtig verstanden habe) auf der Basis eines Strahlflugzeuges (dann auch kein Problem) in der Schublade oder besser im Hangar gehabt, wäre diese Übergangslösung auch genommen worden und es hätte mit FR bis zum MAWS keine Probleme gegeben. Auf dieser Basis hätte man dann aufbauen können und nicht bei Null anfangen müssen.
Im Prop Bereich haben die europäischen Fa das auch geschafft und eigenständig viele Kunden für die unterschiedlichsten Versionen in aller Welt gewonnen!
Man hat hier seitens der Industrie darauf vertraut, dass die Bw im Zweifel schon irgendeinen Prop aus Europa als Übergang nehmen wird wenn die Zellen beim Orion versagen und ist auf die Nase gefallen. Ich finde das wie gesagt auch bedauerlich und aus den von Dir o.g. Gründen ebenfalls sehr kurzsichtig, aber hier standen sich mal wieder alle selbst im Weg!

(08.06.2022, 07:14)Helios schrieb: Man kann schwer einem Wirtschaftsunternehmen vorwerfen, dass es ohne eine erkennbare Zielgruppe für wankelmütige Kunden keine Lösungen aus eigener Tasche entwickelt, insbesondere nicht bei derart komplexen Programmen, bei denen es um die Abstimmung dutzender Unternehmen geht. Umgekehrt sind Vorarbeiten in Eigenregie von den Unternehmen geleistet worden, es gibt bereits Entwürfe wie so eine Systemarchitektur aussehen könnte, wie solche Flugzeuge aussehen könnten, welche Komponenten zum Einsatz kommen sollten oder entwickelt werden müssen, usw.. Sie existieren bis zu dem Punkt, an dem die Entwicklung richtig gestartet werden muss und so viel Aufwand erfordert, dass kein Unternehmen diese ohne konkrete Rückendeckung eines Kunden weiterführt.
Die P-8 oder E-7 existiert auch nicht, weil Boeing meinte, dass das eine gute Idee wäre. Beide Muster wurden aufgrund von konkreten Aufträgen für Kunden entwickelt. Das können "wir" auch haben.

Doch, man kann es vorwerfen - und sollte es in diesem Fall ganz besonders! Ohne erkennbare Zielgruppe? Rückendeckung? Es wollen Wirtschaftsunternehmen sein wie Du selber festgestellt hast und keine Behörden! Es war spätestens seit der "Militarisierung" der 737 und den entsprechenden Anforderungen der US Navy (Reichweite) für die europäische Industrie seit Jahrzehnten mehr als absehbar, dass nicht nur für MPA und AEW (mit Strahltriebwerk) ein großer Bedarf besteht (nicht nur in Europa) und der Hauptkonkurrent bereits seit Jahrzehnten daran arbeitet. Und all das war kein Anlass für die europäische Industrie eigenständig in diesem Bereich tätig zu werden und den A 320/Dassault Falcon oder welches Strahlflugzeugmuster auch immer für militärische Zwecke weiter zu entwickeln, bzw. entsprechende Partner (Thales oder wen auch immer) zu suchen, während der Hauptkonkurrent seit über 15 Jahren fertige Produkte auf den Markt wirft? Und ob man das vorwerfen kann, dass man hier darauf wartet, bis die Staaten mit konkreten Aufträgen kommen und mit Steuergeldern das alleinige Entwicklungsrisiko über Subventionen tragen. Das sollten sie mal im zivilen Bereich machen und solche Argumente bei Lufthansa und Air France vorbringen wenn es um die Entwicklung neuer Muster geht. Die Staaten sind hier wie gesagt keine Bittsteller und für die Industrie sind hier Milliarden zu verdienen. Entwicklungsrisiken sind ganz NORMALE Unternehmensrisiken und es ist aus meiner Sicht wie gesagt an der Zeit mit dieser ewigen Mär aufzuräumen, dass die Unternehmen den wankelmütigen Staaten wohlgefällig einen großen Gefallen tun wenn sie mit ihren Rüstungssparten tätig werden und die immensen Risiken bei solch hoch komplexen Projekten nicht zu verkraften wären. Gerade wenn wie hier bereits eine Basis da ist und der Bedarf über D und FR hinaus geht.
Dafür jammern sie dann doch in Berlin zu laut rum wenn sie nicht zum Zuge kommen und faseln dann irgendetwas von nationalen Interessen. Wie gesagt, wer glaubt dass Airbus deutsche Interessen vertritt kann gerne mal bei der Luftwaffe oder dem Bundesrechnungshof (die vertreten deutsche Interessen) nachfragen.
Ständig auf Subventionen zu bauen weil andere die auch kriegen macht irgendwann träge und ineffizient wie man bei vielen Großprojekten immer wieder feststellen muss.
Die Fa RAS ist hier ein gutes Beispiel wie selbst bei kleinen Fa mit solchen Risiken umgegangen werden kann, ohne staatliche Vorschüsse ein komplexes System zu entwickeln das offensichtlich funktioniert, Partner zu suchen, Kunden zu gewinnen und Exportgenehmigungen (wie auch immer) in nicht ganz unproblematische Gegenden zu bekommen! Und das alles von einer kleinen Klitsche am Niederrhein! Chuzpe!
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