11.01.2006, 15:04
Zitat:Bei allem Respekt vor China und seinen 1,2 Miliarden, wir haben es hier in Europa mit 450 Millionen im Schnitt besser ausgebildeten und produktiveren Bürgern zu tun.Klar, besser ausgebildet und produktiver. Nur leider ändert das in der Summe nichts daran, dass wir uns weiter von Staats wegen überschulden und unsere Bevölkerung überdurchschnittlich älter wird. Gerade letzteres wird in den nächsten 15 bis 20 Jahren, und darum gehts ja in diesem Thread, ungekannte Höhen erreichen, weswegen, nebenbei bemerkt, die 450 Mio. sogar eher noch schrumpfen werden, und das zugunsten eines Bevölkerungsanteils, der praktisch gar nicht mehr produktiv ist, die Rede ist von den Senioren.
Zu dem Aufwuchspotential der Chinesen hat BigLinus schon genug geschrieben. Ausbildung ist ein sehr vergängliches Maß, und China hat soviele Akademikerabgänge wie wohl kaum ein anderer Staat. Man sollte sich mal vom Mythos des Entwicklungslandes China verabschieden, oder es zumindest in der Hinsicht betrachten, dass hier eher zwei Personen im gleichen Körper stecken. Sicher wird es weiter einen hohen Anteil an wenig ausgebildeten Arbeitern/Tagelöhnern geben, aber das ändert nichts daran, dass China in absoluten Zahlen den westlichen Staaten dank seiner hohen Bevölkerung hinsichtlich gut ausgebildeten Personals Paroli bieten können wird.
Zitat:Chinas Volkswirtschaft hat nicht mal die Größe der von Deutschland. Wie soll bitte innerhalb von 20 Jahren China dann nicht nur Deutschland kassieren, sondern die ganze EU???Weil du Maßstäbe anlegst, die für Deutschland und die EU ausgesprochen förderlich sind, ich will fast sagen, die Wahrheit verschleiern. Natürlich ist China gemessen am Pro-Kopf-Einkommen ein armes Land im Vergleich zu Deutschland. Aber solche Maßstäbe sind nebensächlich für die globale Bedeutung und das Machtpotential eines Staates (und ich wiederhole mich, darum geht es hier). Ansonsten wären die heutigen Supermächte die Schweiz und die Cayman Islands. Nach PPP ist China bereits heute wirtschaftlich Nr. 2 in der Welt.
Aber China ist für die nächsten zwanzig Jahre immer noch besser dran als Europa, wo derzeit nicht absehbar ist, wann die Wirtschaft wieder an Moment gewinnt. In China wird das Wirtschaftswachstum künstlich gebremst und das Geld kann dazu verwendet werden, die sozialen Spannungen zu dämpfen. In Europa haben wir immer noch den umgekehrten Fall, und erhöhen soziale Spannungen, ohne nennenswert Wirtschaftskraft hinzuzugewinnen, praktisch stagniert unsere Wirtschaft weiter, die chinesische wächst.
Wie gesagt, ich habe nicht behauptet, China würde die EU in punkto Lebensqualität in den nächsten fünfzehn Jahren überholen. Wirtschaftliche Stärke setze ich hier in den Kontext von für eine Weltmacht verwertbarer Stärke!
Zitat:China lebt dagegen eher von dynamischem Wachstum, guten amerik. Käufern und deren Überschuldung sowie der Dummheit westlicher Firmen, die Joint-Ventures mit Chinesen eingehen und so sich die schöne Technik abkupfern lassen unter der Nase.Die Amerikaner überschulden sich seit zwanzig oder mehr Jahren. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass westliche Firmen ihre Dummheit in absehbarer Zeit bemerken werden, und die Chinesen legen weiter ein enormes Tempo vor, wenn es darum geht, einheimische R&D und Produktion an Weltniveau anzugleichen. Praktisch wird hier einfach im großen Maßstab vorgemacht, was schon Südkorea gelungen ist, und der Westen lernt wieder nicht aus der Vergangenheit. Es gibt kein Anzeichen dafür, dass sich dies in den nächsten fünfzehn Jahren ändern wird.
Zitat:Dank der Ein-Kind-Politik wird China auch auf ein Heer Renter und wenige Kinder hinsteuern.Die Frage ist einfach: Wer wird das Problem der Überalterung zuerst zu spüren bekommen, wir oder die Chinesen? Und für wen wird es in fünfzehn Jahren relevanter sein, für uns oder die Chinesen? Die Antwort auf beide Fragen lautet angesichts der demographischen Entwicklung wohl "Sicher nicht die Chinesen.".
Ich leugne nicht, dass China auf ein vergleichbares Problem wie wir zusteuert. Es ist nur so, dass wir bereits heute mit den Auswirkungen konfrontiert werden und es in absehbarer Zukunft noch viel massiver erfahren werden.
In Deutschland besteht das Problem bereits länger und bis heute ist keine überzeugende Lösung bzgl. der Familienpolitik in Sicht (Stichwort Kinder pro Familie). In China dagegen verabschiedet man sich schrittweise von der Ein-Kind-Familie, somit gehen gesetzliche Regelungen und Bereitschaft der Bevölkerung stärker im Gleichschritt als hierzulande, wo ja noch nicht mal die persönliche Bereitschaft besteht, mehr Kinder zu haben.
Zitat:Und militärisch: Momentan geben die EU_Staaten mehr an Rüstung aus als China.Da machst du dir leider was vor. Richtig ist vielleicht (und auch nur vielleicht, angesichts der Uneinigkeit über den tatsächlichen chinesischen Etat), dass wir mehr bezahlen. Ob wir dafür genausoviel bekommen, ist die Frage (Stichwort wieder PPP). Außerdem ist es eine Milchmädchenrechnung, einfach die Rüstungsetats aller EU-Staaten zusammenzuzählen, denn hier wird parallel geforscht, entwickelt, beschafft. Genausogut könnten wir (Zahl aus der Luft gegriffen) das Geld aus einem Drittel unserer Budgets verbrennen.
Zitat:Technologisch sind wir auch voraus.Hier wird es sogar noch erschreckender. Die Chinesen haben es immerhin geschafft, innerhalb von zehn bis fünfzehn Jahren ihre maoistische Massenarmee auf Streitkräfte umzustellen, die alle Grundlagen aufweisen, wie sie auch in westlichen Doktrinen relevant sind, ob C4ISR (u.a.AEWC), AAW, Lufttransport, Green-/Blue Water-Fähigkeit etc. pp. Sicher ist ein in Deutschland entwickelter und gebauter MBT weiter besser als ein chinesischer. Nur schmilzt dieser Vorsprung weiter in einem Maße dahin wie sonst nur Schnee im Frühling. Und in der Kombination aus Qualität und Quantität brechen düstere Zeiten herein. Es nützt einfach nichts, wenn man weiterhin tolle Schiffe, Flugzeuge etc bauen "kann", wenn man es nicht tut.