Erster Weltkrieg
#33
Also nochmal zum Platzbedarf des Vormarsches :

Ich habe mir selbst En Detail den benötigten Platz der damaligen Verbände beim Aufmarsch bzw beim Vormarsch noch mal angesehen und dann auf einer Landkarte höchstselbst eingemessen. Es wäre meiner Einschätzung nach noch Platz auf der Deutschen Seite für 100 000 Mann gewesen, bei einem Durchmarsch durch Südholland jedoch für 250 000. Das geht auch Konform mit Berechnungen die Robert Cowley dazu gemacht hat und Überlegungen von John Keegan zum gleichen Thema.

Zur Frage ob diese Truppen überhaupt verfügbar gewesen wären: Moltke nahm vor dem Angriff Änderungen in der ursprünglichen Planung vor und zog dazu 4 einhalb Korps, zusammen 180 000 Mann von der Westfront ab und ordnete sie der Ostfront zu.

Dann verstärkte er den Linken Flügel auf Kosten des Rechte und zwei Korps.

Und er gab wie erwähnt den Durchmarsch durch Südholland auf. Dadurch entstand 1 ein Platzproblem und 2 und das ist viel entscheidender : der gefährtliche französische Druck gegen die Flanke des rechten Flügels in Belgien wäre so gemindert gewesen durch den zusätzlichen Raum den man hinter sich gehabt hätte und durch den größeren Schwenk den das ermöglicht hätte.

Desweiteren hätte sich damit schon von Anfang an der Wettlauf zum Meer erübrigt und Dünkirchen, Calais und Boulogne wären an Deutschland gefallen. An einem Kriegseintritt der Briten hätte sich ja so oder so nichts geändert, aber die Ausgangslage wäre für Deutschland viel günstiger gewesen.

Am 19. und 20. August blieb dann der französische Angriff am Linken Flügel der Deutschen hängen, die Franzosen erlitten horrende Verluste.
Moltke sah nun die Chance eines Cannae gekommen und befahl den Angriff des Linken Flügel.

Das war ein schwerer Fehler, vor allem weil man ja im Endeffekt zeitgleich noch die Schiefe Schlachtordnung wie sie von Schlieffen vorsah durchführte. Nach der Aktion räumte Moltke ein, daß dies sein schwerster Fehler überhaupt gewesen sei.

Am 22 August entschied sich Moltke anzugreifen. Er zog dazu drei Korps der Reserve aus dem Weg zum Rechten Flügel heraus und teilte sie dem Linken Flügel zu, daß sind 100 000 Mann. Genau diese 3 Korps fehlten dann an der Marne in besagter Lücke die sich dort auftat und in die dann die Franzosen stießen.

Aber der Deutsche Linke Flügel blieb in den französischen Festungslinien ebenso stecken wie die Franzosen zuvor auf der deutschen Seite. Die Franzosen waren so erfolgreich, daß sie mehrere Divisionen vom Grand Caronne abzogen und an die Marne werfen konnten. Mit dem Vorteil der Inneren Linie konnten die Franzosen so ihre Kräfte nach ihrem Teilsieg nach Norden werfen, während die Deutschen Kräfte zeitmäßig nicht mehr dort an die Front gebracht werden konnten. Ein nicht zu kompensierender Aufstellungsfehler der deutschen Seite führte dazu, daß Frankreich seine schnellere Kräfteprojektion zu unseren Ungunsten voll ausspielen konnte während wir wertvollste, weil begrenzte Truppen an falscher Stelle einsetzten.

Am 26 August ensandte dann Moltke Truppen von der Westfront, vor allem vom Rechten Flügel nach Osten.

Hierzu muß man aber wissen, daß Ludendorff und Hindenburg zu diesem Zeitpunkt davon ausgingen, die Lage auch ohne Verstärkung in den Griff kriegen zu können. Ludendorff sprach sich gegen die Zuteilung der Truppen nach Osten aus, trotzdem wurden ihm 3 Korps und 1 Kavalleriedivision gesandt.

Der Gros dieser Truppen kam erst an, als die Lage schon entschieden war und die Deutschen am Siegen waren.

Dafür fehlten diese 3 Korps wieder am Rechten Flügel in der Marneschlacht.

Wir sprechen jetzt hier nicht von Truppen für die kein Platz mehr da gewesen wäre, denn : sie waren ja schon dort im Einsatz gewesen, item war Platz für sie vorhanden.

Insgesamt schwächte also Moltke den Rechten Flügel um 6 Korps, das sind 250 000 Mann, also eine ganze Armee die in der Marneschlacht mehr auf Deutscher Seite agiert hätte. Und für die Platz dagewesen wäre, zumal 4 der Korps erst im Verlauf der Kämpfe aus der Front herausgezogen wurden. Für 2 weitere Korps (die dann am Linken flügel zum Einsatz kamen) wäre ebenfalls Platz gewesen, erst recht wenn man durch Holland gekommen wäre.

Weiterer Verlauf:

Schon so wären beinahe im September die Festungsanlagen von Verdun gefallen. Das sie nicht fielen kam selbst für die Franzosen überraschend. Währen die Deutschen Truppen 6 Korps, also eine Armee stärker gewesen, so hätte sie mit einer ganzen Armee sich voll auf Verdun konzentrieren können statt nur einen Teil seiner Truppen dafür einzusetzen. In der Folge wäre Verdun schon 1914 an uns gefallen.

Reims wäre dann gefallen, es war ja tatsächlich kurz besetzt, konnte aber nicht gehalten werden ohne die Flanken von Klucks Armee gefährlich zu exponieren. Im weiteren wären die Flanken frei gewesen, die Franzosen wären geschlagen worden und hätten sich erst wieder im Seine Tal südöstlich von Paris sammeln können.

Tatsächlich gingen die Planungen des französischen Generalstabes bereits von diesem Szenario aus!

In dem Monat, in dem die Marne Schlacht stattfand, legten beide Seiten im Durchschnitt mit allen Truppen jeden Tag ca 20 km zurück. Teilweise operierten Divisionen, Korps oder gar Armeen beider Seiten sogar paralell nebeneinander, es herschte ein enormes Chaos, beide Führungen hatten nur einen begrenzten Überblick bzw eine begrenzte Lenkfähigkeit.

Eine Millionen Menschen war aus Paris geflohen. Ebenso die französische Regierung. General J.Gallieni, der Militärgouverneur von Paris bereitete die Sprengung aller Seinebrücken vor. Das zeigt wie ernst die Lage für Frankreich war.

Am 30. August traf Kluck die Entscheidung, mit seinen Truppen einen Schwenk zu machen, der ihn ins Gebiet östlich von Paris führen sollte. Kluck hoffte dabei, mit Gewaltmärschen die Flanke der Franzosen nehmen zu können. Dadurch entstand zwischen seiner 1 Armee und der 2 Armee eine Lücke. Genau diese Lücke wäre der Platz für die weitere Deutsche Armee gewesen, die nun nicht an der Front war, da sie Moltke mit 4 Korps nach Osten und mit 2 Korps zum Linken Flügel zerlegt hatte. Währenddessen sammelte General MJ. Maunourys die 6 französische Armee vor Paris, die Franzosen gingen aber davon aus, daß Kluck seinen ursprüngliche Vorstoßrichtung auf sie frontal zu beibehalten würde.

Am 1 September 1914 stieß dann eine französische Patrouille bei Coucy le Chateau auf einen deutschen Kurierwagen, die Geschicht ist wenig bekannt. Unter den Toten fand sie einen Kavallerieoffizier dessen Satteltasche Landkarten mit den Marschrichtungen der deutschen Truppen enthielt. Diese zeigten klar den Richtungswechsel von Klucks Armee.

Es gibt wenige Verluste von Kartenmaterial die sich derart katastrophal auswirkten in der Geschichte. Am 5 Semptember stieß die 6 französische Armee in genau die Lücke zwischen den beiden deutschen Armeen und in die Flanke von Klucks Armee. Kluck konnte die Flanke zwar halten, aber sein Vormarsch war damit gestoppt.

Zu diesem Zeitpunkt traff die Franzosen die Hiobsbotschaft, daß die Briten abziehen würden. Sir John French wollte mit dem britischen Expeditionskorps sich aus den Kämpfen gegen die ihm gegenüber liegenden Deutschen Verbänden abziehen und in der Folge sogar den Kontinent verlassen. Die Briten verloren zu diesem Zeitpunkt gegen numerisch weit überlegene deutsche Verbände pro Woche 15 000 Mann. Selbst die eindringlichsten Bitten des Präsidenten R.Poincare änderten nicht die Haltung von Sir John. Der britische Kriegsminister, Lord Kitchener griff nun persönlich ein und verließ London noch in derselben Nacht und fuhr persönlich nach Paris. Lord Asquith und die Mehrheit des britischen parlamentes waren ebenfalls für einen Abzug, hier hing der Ausgang des krieges nur noch an der herrausragenden Person von Lord Kitchener dessen herausragende leistungen meist sehr herunter gespielt werden. Kitchener ordnete vor Ort den Verbleib der britischen Truppen an der Front an, koste es was es wolle. Er geriet darüber mit Sir John derart in Streit, daß beide beinahe körperlich tätig geworden wären.

Nachdem die 1 deutsche Armee den Vormarsch der 6 französischen Armee erfolgreich gestoppt hatte lieh sich von Kluck 2 weitere Korps aus einem anderen Abschnitt der Front, 5 Tage lang tobte eine erbitterte Durchbruchschlacht auf einem 300 km langen Frontabschnitt. Am Ende schlugen die Deutschen eine 45 km breite Lücke in die Front.

Die Franzosen konnten diese Lücke stopfen, weil genau zuvor die Briten wieder gegen die Deutsche Front vorgingen. Am letzten Tag der Marneschlacht stießen nun die Briten genau in die Fehlstelle, die die 2 Korps hervorgerufen hatten. Damit waren erneut die deutschen Flanken bedroht bzw angegriffen und zwar diesmal von zweit Seiten und die Deutschen mußten sich zurückziehen.

Hätte Lord Kitchener nicht persönlich die Briten weiter an der Front gehalten, wären sie abgezogen bzw hätten sich aus den Kämpfen gelöst. Auch in diesem Fall wäre die Marne Schlacht an Deutschland gegangen, Paris gefallen und der Kampf an der Seine südöstlich von paris weiter gegangen. Desweiteren stellt sich die Frage, wie Frankreich diese Fahnenflucht aufgenommen hätte.

wie man also sieht war das alles eine enorm knappe Sache. Über die bestehenden Truppen hinaus wäre Platz für 150 000 bis 200 000 weitere Mann gewesen und diese wären vorhanden gewesen. Eine komplette deutsche Armee von 6 Korps mit 250 000 Mann hätte in der Marneschlacht eingreifen können und tat es nicht, weil sie zerteilt und an andere Fronten geschickt worden war :

wo sie weder benötigt noch angefordert worden war, und wo sich auch in den Kämpfen nicht zum Tragen kam weil sie erst dort ankam als die Sache schon entschieden war.

Damit verlor Deutschland den 1 Weltkrieg, der sonst gar kein Weltkrieg geworden wäre.
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