Westliche Unterstützung für die Ukraine (Sanktionen/Waffenlieferungen/Sonstiges)
#61
(07.05.2022, 08:39)Quintus Fabius schrieb: Das sollte für sich allein eben nicht der Grund sein warum man handelt. Die vorherrschende Annahme zur Zeit ist eine Art Dominio-Theorie. Wenn wir die Russen aber jetzt nicht in der Ukraine stoppen, aber dann ...dann werden sie das Baltikum angreifen, und Rumänien und ..... usw.

Mal abgesehen davon, dass ich die Russen derzeit nicht für stark genug halte, egal wie der Ukraine-Krieg ausgeht:

Ein erheblicher Appetit, wieder eine Großmacht zu werden und direkte oder indirekte kontrolle über die alten Satelliten zu haben, der besteht in Russland schon. Nicht nur bei Putin.

Wäre Russland in der Ukraine extrem erfolgreich gewesen, dann würde ich zumindest keinen Pfifferling dagegen wetten, dass man beim nächsten Anlass (z.B. irgendein ehemaliger Satellit macht zu sehr pro-westliche Politik) nicht auch dort einmarschieren würde. Denn ein großer Sieg verschafft ja auch Selbstvertrauen und macht nicht selten Stolz und Arrogant und verschafft auch gern mal "Lust nach mehr", so dass so ein Anlass womöglich schnell gefunden wäre.

Und um fair zu sein:
Wäre der Irak-Krieg seitens der USA extrem erfolgreich gewesen und wäre dort wirklich eine blühende Demokratie in kürzester Zeit entstanden, wäre danach sicher der Iran dran gewesen. Es gab ja in der Bush-Administration ernsthaft den Gedanken, man könnte den Nahen Osten durch entsprechende Kriege mit anschließenden Regime-Changes demokratisch umordenen und die Region so ein für alle mal befrieden.

Hat ein Land also gewisse (geo)politische Vorstellungen und ist auch bereit, diese kriegerisch im Ausland umzusetzen, dann wird das in der Regel auch gemacht, hat man Erfolg damit. Dass sich eine Großmacht dabei auf ein Land beschränkt, ist selten. Das hat weniger etwas mit "Dominio" zu tun, sondern damit, dass eine Großmacht oft eine Strategie verfolgt, mal mehr und mal weniger direkt: Die Idee, die Welt nach ihrem Gusto umzugestalten, zu ordnen etc. Wie erfolgreich sie damit ist, hängt natürlich mit ihrer eigenen Stärke zusammen und mit der Gegenwehr der "bearbeiteten".
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#62
dieses Herumgeeiere der SPD, auf Druck ihrer pazifistischen Parteiflügel, ist schwer erträglich.
man muss sich mal diese Entwicklung vom Exportverbot der gezogenen Haubitzen aus dem Baltikum über das Angebot von Helmen, zunächst dem Verbot von Panzerfaustexporten aus den Niederlanden, über monatelanges Herumgeeiere bei den Gepards mit Ausreden bzgl. keine Munition, bis hin zu nicht haltbaren Aussagen zu angeblichen Natovereinbarungen zur Nicht-Lieferung von Schützenpanzern und Kampfpanzern anschauen .. in diesem Land geht nichts absolut gar nichts mehr schnell .. egal wie dringend etwas ist. Bis sich hier alle ausgeschissen haben, steht Putin an der Weichsel und selbst wenn er am Rhein stehen würde, müssten unsere Friedensbewegten erst einmal einen Parteitag mit Friedenstäubchen abhalten ...
ich begreife soviel Realitätsverweigerung nicht... es geht mir einfach nicht in den Kopf wie man nach 3-Monaten immer noch nicht in der Lage ist Nägel mit Köpfen zu machen.. An dem Tag als Putin über die Grenze ist, hätte der ganze Apparat anfangen müssen kurz- (1. bis 4 Woche), mittel- (2-4 Monat) und langfristige Liefermöglichkeiten zu erarbeiten. Ob diese dann gezogen würden oder nicht, ist völlig zweitrangig, wenn soetwas passiert muss man sich handlungsfähig machen und dafür gilt es ohne wenn und aber Handlungsmöglichkeiten zu erarbeiten, stattdessen wird bei uns herumgeeiert.

Innerhalb von 1-Woche hätten die ersten Stinger, Panzerfäuste und Co. auf dem Weg in die Ukraine gehen und parallel eine Bestellung, keine Ausschreiben oder dergleichen, sondern konkrete Bestellungen bei den Lieferanten eingehen müssen, um das zu ersetzen was in die Ukraine ging und darüber hinaus die vorgehaltene Menge aufgrund der geänderten Lage zu erhöhen.

Innerhalb des 2-4. Monats müssten die ersten Gepards, Marder und Leopard 1 auf dem Weg sein. Eine grundlegene Einweisung hätte bis dahin ebenfalls problemlos stattfinden können, wenn man denn in der Lage ist zu handeln und aus seinem gewohnten Trott herauszukommen.

...
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#63
Man hätte eigentlich VOR Kriegsbeginn massivst Waffen liefern müssen. Mit gleichzeitig absolut klaren, eindeutigen und völlig offenen und transparenten schriftlichen / vertraglichen Zusagen bezüglich der Unterstützung sollte es zum Angriff kommen. So hätte man eine abschreckende Wirkung erzielen können - und es war insbesondere dieser Mangel an Abschreckung und die feste Überzeugung der russischen Regierung dass der Westen eben gar nichts tun werde, die maßgeblich zu diesem Krieg geführt hat.

Die russische Führung wurde dann vom Umfang der westlichen Waffenlieferungen völlig überrascht und man muss es mal klar und offen aussprechen: ohne diese Waffenlieferungen, gleichgültig wie verspätet und unzureichend sie auch erscheinen mögen, wäre die Ukraine bereits militärisch kollabiert und würde den Krieg vollständig verlieren.

Besser aber für alle wäre es gewesen, hätte er erst gar nicht stattgefunden. Exakt dies hätte man meiner Meinung nach durchaus erreichen können, stattdessen aber hat man meiner rein persönlichen Ansicht nach diesen Krieg explizit zugelassen.

Die Entwicklung der Waffenlieferungen spricht meiner rein persönlichen Meinung nach ebenfalls dafür, dass man diesen Krieg gezielt angestrebt hat um damit Russland ausbluten zu lassen, die Reihen im Westen zu schließen, notwendige Aufrüstung voran zu bringen, und vieles vieles mehr - und dass dies deshalb schon vor Kriegsbeginn der Plan war, bzw. die grundlegende Strategie.
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#64
@Flugbahn
Zitat:Innerhalb von 1-Woche hätten die ersten Stinger, Panzerfäuste und Co. auf dem Weg in die Ukraine gehen und parallel eine Bestellung, keine Ausschreiben oder dergleichen, sondern konkrete Bestellungen bei den Lieferanten eingehen müssen, um das zu ersetzen was in die Ukraine ging und darüber hinaus die vorgehaltene Menge aufgrund der geänderten Lage zu erhöhen.
Der Kurs bzw. besser der Nichtkurs der Regierung und das Schweigen waren sicherlich sehr nervig (wobei man aber in solchen Kriegszeiten auch nicht immer auf die lautesten Personen hören sollte), aber man muss hier fairerweise sagen, dass es falsch ist, was du hier sagst. Denn: Die ersten Panzerfäuste und Stinger wurden am 27. Februar freigegeben - also drei Tage nach Kriegsbeginn. Die Lieferungen kamen grob Anfang März auch an. Am 2./3. März folgte dann die Strela-Geschichte. Innerhalb von einer Woche hat Deutschland also erhebliches Kriegsgerät freigegeben bzw. die Lieferung angestoßen. Das ging aber leider alles etwas unter im Gelästere um alte 122-mm-Haubitzen und dem doch etwas undiplomatischen (aber dafür lauten) Verhalten von z. B. Herrn Melnyk.
Zitat:Innerhalb des 2-4. Monats müssten die ersten Gepards, Marder und Leopard 1 auf dem Weg sein. Eine grundlegene Einweisung hätte bis dahin ebenfalls problemlos stattfinden können, wenn man denn in der Lage ist zu handeln und aus seinem gewohnten Trott herauszukommen.
Naja, der Krieg ist nun drei Monate alt, warten wir mal ab, was bis Ende Juni (also der 4. Monat) alles nach der Ukraine geht oder gegangen ist. Insofern kann ich auch diesen Kritikpunkt nicht ganz nachvollziehen.

Schneemann
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#65
(26.05.2022, 16:45)Schneemann schrieb: @Flugbahn
Der Kurs bzw. besser der Nichtkurs der Regierung und das Schweigen waren sicherlich sehr nervig (wobei man aber in solchen Kriegszeiten auch nicht immer auf die lautesten Personen hören sollte), aber man muss hier fairerweise sagen, dass es falsch ist, was du hier sagst. Denn: Die ersten Panzerfäuste und Stinger wurden am 27. Februar freigegeben - also drei Tage nach Kriegsbeginn. Die Lieferungen kamen grob Anfang März auch an. Am 2./3. März folgte dann die Strela-Geschichte. Innerhalb von einer Woche hat Deutschland also erhebliches Kriegsgerät freigegeben bzw. die Lieferung angestoßen. Das ging aber leider alles etwas unter im Gelästere um alte 122-mm-Haubitzen und dem doch etwas undiplomatischen (aber dafür lauten) Verhalten von z. B. Herrn Melnyk.
Naja, der Krieg ist nun drei Monate alt, warten wir mal ab, was bis Ende Juni (also der 4. Monat) alles nach der Ukraine geht oder gegangen ist. Insofern kann ich auch diesen Kritikpunkt nicht ganz nachvollziehen.

Wenn dem so war, dass tatsächlich innerhalb weniger Tage Stinger und Co in der Ukriane waren, dann ziehe ich diesen Punkt gerne zurück. In meiner Erinnerung kommt es mir länger vor. Wurde denn in wenigstens gleichem Umfang auch Bestellungen bei der Industrie getätigt?

Wie du sagst sind wir inzwischen im 4. Monat (wobei die genannten 4 Monate schon großzügig gewählt waren / ich hätte 10 Wochen schreiben sollen) und das in den kommenden 4-Wochen Gepards, Marder oder Leopards in der Ukraine erscheinen werden, halte ich aktuell für sehr unwahrscheinlich.
Die ersten 15 Gepards sollen im Juli geliefert werden, wir werden sehen, ob es dabei bleibt. Bei Marder und Leopards bringt man Behauptungen vor, weshalb man diese nicht liefern will, die in keinem anderen Land bisher bestätigt wurde. Das Schauspiel hast du sicherlich mitbekommen. Wird also absehbar auch eher nichts.

Beim Thema Ringtausch harkt es ebenfalls. Hier hat man anscheinend zumindest so schlecht kommuniziert, dass Polen jetzt Vorwürfe vorbringen kann, DE würde die Zusagen nicht einhalten.

Das es auch anders geht / Im gleichen Zeitraum liefern bspw.

FR: CAESAR Haubitzen
USA: gezogene M777 + Fahrzeug, Switchblade, Mi-17 Helikopter, gepanzerte Fahrzeuge
Tschechien: Panzer vermutlich T-72
Polen: 200x T-72
Slowakei: S-300 System
...

Da sind unsere Helme, Panzerfäuse und Stinger im Vergleich, für die größte Volkswirtschaft in Europa, einfach zu wenig.
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#66
Den alten Soviet Schrott hat man halt schon vor 30 Jahren verschenkt oder verschrottet. Es ist natürlich interessant das Deutschland halt halb Europe beliefern soll, natürlich auch nur die neuesten Panzer, während die USA tatsächlich Panzer auf Vorrat produziert - Johnson bietet halt alte Challenger 2 Polen an aber nicht Ukraine. Problem ist halt man hat keinen Helmut Schmidt als Bundeskanzler der sich die Presse, ausländische Diplomaten und Politiker, und Bundeswehr zur Brust nehmen würde, sondern halt einen der damals munter gegen den NATO Doppelbeschluss protestiert hat.
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#67
@Flugbahn
Zitat:Wenn dem so war, dass tatsächlich innerhalb weniger Tage Stinger und Co in der Ukriane waren, dann ziehe ich diesen Punkt gerne zurück. In meiner Erinnerung kommt es mir länger vor. Wurde denn in wenigstens gleichem Umfang auch Bestellungen bei der Industrie getätigt?

Wie du sagst sind wir inzwischen im 4. Monat (wobei die genannten 4 Monate schon großzügig gewählt waren / ich hätte 10 Wochen schreiben sollen) und das in den kommenden 4-Wochen Gepards, Marder oder Leopards in der Ukraine erscheinen werden, halte ich aktuell für sehr unwahrscheinlich.
Die ersten 15 Gepards sollen im Juli geliefert werden, wir werden sehen, ob es dabei bleibt. Bei Marder und Leopards bringt man Behauptungen vor, weshalb man diese nicht liefern will, die in keinem anderen Land bisher bestätigt wurde. Das Schauspiel hast du sicherlich mitbekommen. Wird also absehbar auch eher nichts.

Beim Thema Ringtausch harkt es ebenfalls. Hier hat man anscheinend zumindest so schlecht kommuniziert, dass Polen jetzt Vorwürfe vorbringen kann, DE würde die Zusagen nicht einhalten.

Das es auch anders geht / Im gleichen Zeitraum liefern bspw.

FR: CAESAR Haubitzen
USA: gezogene M777 + Fahrzeug, Switchblade, Mi-17 Helikopter, gepanzerte Fahrzeuge
Tschechien: Panzer vermutlich T-72
Polen: 200x T-72
Slowakei: S-300 System
...

Da sind unsere Helme, Panzerfäuse und Stinger im Vergleich, für die größte Volkswirtschaft in Europa, einfach zu wenig.
Also zunächst: Ich weiß, dass wir hier in diesem Konflikt alle schon irgendwo Fehleinschätzungen gemacht haben. (Ich hatte ja den Zusammenbruch der russischen Wirtschaft innerhalb weniger Monate angenommen, das trat bislang nicht ein.) Aus diesem Grund habe ich mir hier in diesem Strang einmal die Anfangsphase dieses Krieges angeschaut (grob etwa die Seiten 42 bis 45 - ja, erstaunlich wie rasch der Thread gewachsen ist). Da haben wir alle recht munter ins Blaue hinein spekuliert, bis hin zur Annahme, die Russen würden eine Luftherrschaft etablieren. Allerdings - was mir bei diesem Herumforsten auf den älteren Seiten ins Auge stach, war, dass du selbst diese Lieferungen der deutschen Panzerfäuste und Stinger auf Seite 43 mithilfe eines t-online-Artikels gemeldet hattest für den 26. Februar. Wink

Wo ich dir aber zustimme, ist dass die Lieferung schweren Gerätes etwas saumselig vonstatten geht. Es war Quintus, der Anfang März (!) bereits erste Hinweis auf PzH-2000-Lieferungen hier gab, da ist bislang in drei Monaten doch scheinbar sehr wenig passiert, zumindest wäre man sicherlich schon weiter, wenn man vor drei Monaten hier etwas mehr Elan mitgebracht hätte.

Bzgl. des Ringtausches - also so wie ich es verstanden hatte, galt das für die Tschechen. Und die haben Panzer geliefert und kriegen nun Leopard (siehe auch den Strang über die tschechischen Streitkräfte weiter unten im Forum, wo ich gestern was zu dem Thema gepostet hatte). Eine solche (feste) Absprache gibt es übrigens, was weniger bekannt ist, auch mit Slowenien hinsichtlich M-84-Tanks.

Aber: Bei Polen habe ich ein wenig gesucht - offenbar gab es da keine direkte Abmachung. Es waren die Polen, die den Deutschen den Vorschlag Anfang April machten, dass man doch einen Ringtausch vornehmen könne und man dann gegen eigene Panzer stattdessen Leopard 2 A7V sich wünschen würde. Die Idee haben die Deutschen aber nicht aufgegriffen, da man selbst von diesem modernsten Modell des Leopard nun noch nicht so viele Exemplare hat. Ich glaube also, dass da ein Missverständnis vorliegt: Während man den Tschechen und Slowenen eine feste Zusage gab (und die erstgenannten erhalten jetzt auch die ersten Leopard), gab man eine solche den Polen nicht, da man das A7V-Modell selbst kaum verfügbar hatte. Dennoch habe die Polen ihre PT-91 kurzerhand an die Ukrainer geliefert - und das ohne weitere Absprache mit den Deutschen - und tun nun so, als wenn Deutschland sich nicht an Abmachungen halten würde. Also so ganz astrein ist die Argumentation Warschaus hier nicht.

Weiterhin:

Deutschland hat beileibe nicht nur Panzerfäuste und Stinger geliefert. Da die Bundesregierung sich über den genauen Umfang von Lieferungen aber etwas bedeckt hält seit einigen Wochen, ist es schwierig, alles zusammenzusuchen.

1.) Grob sind es aktuell folgende Lieferungen:

- 1.500 Strela Manpads,
- 2.500 Panzerfäuste 3,
- 500 Stinger Manpads,
- 5.100 Matador RCLs,
- 16 Mio. Schuss Munition versch. Kalibers,
- 100.000 Handgranaten,
- 5.600 Panzerabwehrminen und Richtminen,
- 14 gepanzerte Fahrzeuge,
- 4 Systeme zur Drohnenabwehr,
- eine unbekannte Anzahl an Vector-Drohnen,
- 50 Unimog-Lastwagen,
- 23.000 Helme,
- 20.000+ Schusswesten,
- 500.000 Essensrationen,
- unbekannte Anzahl an 155 mm Munition,
- 10.000 Tonnen (!) humanitäre Güter,
- 1 Feldhospital (mobil).

2.) Finanzleistungen:

- 2 Mrd. Euro seit März 2022,
- 1,8 Mrd. Euro rein bilaterale Hilfe seit 2014,
- rund 400 Mio. Euro für Wiederaufbau-Maßnahmen.
- dazu grob nochmals 250 bis 300 Mio. Euro für diverse "zivile Zwecke".

3.) Zusagen:

- 15 bis 50 (je nach Quelle) Gepard-Flakpanzer,
- 88 Leopard 1,
- 7 PzH 2000,
- unbekannte Anzahl 155 mm Munition.

Das ist alles zusammengefasst beinahe so viel, wie der Rest Europas (Großbritannien herausgenommen) geliefert hat. Also ich verstehe deswegen das ganze Zerreden bzw. Schlechtreden der deutschen Leistungen nicht so ganz.

Im Gegenteil, ich sehe sogar gewisse Risiken, weil alleine diese Lieferung von 10.000 (!) MANPADS und Panzerabwehrwaffen alleine durch Deutschland (wer hätte gedacht, dass wir noch so viel Material irgendwo herumliegen haben?) innerhalb von drei Monaten ist schon eine Hausnummer - wenn man bedenkt dass die USA via Pakistan in den 1980ern innerhalb von zwei Jahren "nur" rund 1.500 Stinger und Blowpipe an die Afghanen lieferten. Sicherlich mag dies ein anderer Krieg gewesen sein, aber es wird ersichtlich, dass Deutschland bzgl. des Ukraine-Krieges sicherlich nicht nur eine "größere Schweiz" ist, die eben "den Ukrainern ein wenig hilft"...

Ich mache mir derzeit zudem Sorgen, wo bzw. in wessen Händen dieses ganze Zeugs irgendwann mal landen wird, wenn dieser sinnlose Krieg endet. Denn eines dürfte sicher sein: Nach diesem Krieg ist die Ukraine, die schon davor nicht unbedingt ein norwegisches Rechts- und Staatsverständnis hatte, ein noch mehr zerrüttetes Land, in dem der kriminelle Wildwuchs, Schwarzmarkt und bandenartig-mafiöses Nachkriegsunwesen blühen werden. Und der Alptraum wäre es schon, wenn bspw. in fünf Jahren das SEK in Hannover einen Rockerclub aushebt und dabei 'ne Strela findet...

Schneemann
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#68
Das ist eines der grundlegendsten Missverständisse des aktuell von rein materialistischem Denken verseuchten Westens TM: Krieg wird eben nicht durch Ressourcen entschieden (wobei Russland im übrigen für seine Art der Kriegsführung genug Ressourcen im eigenen Land hat um diesen Krieg ewig weiter führen zu können), sondern der Einsatz der Ressourcen dient nur dazu auf den Wilen Einfluss zu nehmen.

Da es hier offenkundig für alle Seiten gewisse rote Linien gibt, der Krieg also keineswegs so geführt wird, wie er geführt werden könnte, wir also auch hier eine begrenzte und ritualisierte Kriegsführung haben, mit immens viel Platz nach oben in Richtung des totalen Krieges, sind die Ressourcen hier viel weniger relevant als beispielsweise die Frage der innenpolitischen Faktoren in Russland u.a.

Die russische Kriegsführung setzt auf ein technologisch deutlich niedrigeres Niveau, ungelenkte Wirkmittel und eine Art der Kriegsführung, die im Verhältnis zu Umfang und Größe des Geschehens viel weniger kostet. Die dafür notwendigen Mittel lassen sich in Russland de facto unbegrenzt nachproduzieren und die einzige Begrenzung sind hier erneut rein innenpolitische Faktoren, also die Frage des Willens - und nicht die der Ressourcen.

Im weiteren muss man zwischen der (hochkorrupten, asozialen, kleptokratischen) ukrainischen Führung und der Bevölkerung dort differenzieren. Für die ukrainischen Eliten geht es um alles, und gerade deshalb setzen sie ihr Volk ja so ein wie sie es tun und schüren dort Nationalismus um den Kampfwillen der Bevölkerung aufrecht zu erhalten, relevant ist aber nicht der bloße Wille der Eliten, sondern der Wille eben dieser Bevölkerung. Und auch wenn "Kiew" versucht hier so weit wie möglich mit allen Mitteln Einfluss in seinem Sinne zu nehmen, so ist es eben keineswegs gesagt, dass die Ukrainer als Volk diesen Krieg beliebig mitmachen werden. Aktuell ist der Wille noch vorhanden, aber auf Dauer gibt es hier immer Kippelemente.

Die einzig relevante Frage ist daher, ob der Wille der Russen so lange reicht, bis diese Kippelemente erreicht werden, dafür ist die Frage der Ressourcen angesichts der Primitivität der dort praktizierten Kriegsführung kaum relevant.

Zitat:1.) Grob sind es aktuell folgende Lieferungen:

Zu deiner Liste solltes du noch die Unmengen von Anzündschnüren, Zündern und Sprengstoff hinzu nehmen, worauf meiner Erinnerung nach kato hingewiesen hat. Man hat aus Deutschland mehr davon in die Ukraine geliefert als alle sonstigen Länder Europas zusammen. Ich wusste bis dahin nicht einmal, dass die Bundeswehr noch so große Massen davon eingelagert hat.
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#69
(27.05.2022, 09:37)Quintus Fabius schrieb: Zu deiner Liste solltes du noch die Unmengen von Anzündschnüren, Zündern und Sprengstoff hinzu nehmen, worauf meiner Erinnerung nach kato hingewiesen hat. Man hat aus Deutschland mehr davon in die Ukraine geliefert als alle sonstigen Länder Europas zusammen. Ich wusste bis dahin nicht einmal, dass die Bundeswehr noch so große Massen davon eingelagert hat.

Andere Länder sind da wohl wesentlich gewiefter und verschenken nicht ihre letzten Reserven, denn es dürfte klar sein dass diese Materiallager in absehbarer Zeit sicherlich nicht wieder gefüllt werden.
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#70
(27.05.2022, 09:02)Schneemann schrieb: @Flugbahn
Also zunächst: Ich weiß, dass wir hier in diesem Konflikt alle schon irgendwo Fehleinschätzungen gemacht haben. (Ich hatte ja den Zusammenbruch der russischen Wirtschaft innerhalb weniger Monate angenommen, das trat bislang nicht ein.) Aus diesem Grund habe ich mir hier in diesem Strang einmal die Anfangsphase dieses Krieges angeschaut (grob etwa die Seiten 42 bis 45 - ja, erstaunlich wie rasch der Thread gewachsen ist). Da haben wir alle recht munter ins Blaue hinein spekuliert, bis hin zur Annahme, die Russen würden eine Luftherrschaft etablieren. Allerdings - was mir bei diesem Herumforsten auf den älteren Seiten ins Auge stach, war, dass du selbst diese Lieferungen der deutschen Panzerfäuste und Stinger auf Seite 43 mithilfe eines t-online-Artikels gemeldet hattest für den 26. Februar. Wink

Hallo Schneemann,

wenn man es genau nimmt, dann habe ich gemeldet DE will liefern, nicht das DE geliefert hat. Es geht mir ja darum das bei den Soldaten vor Ort was ankommt. Absichtserklärungen helfem dort niemandem. Wie du weiter unten schreibst will die BR seit März PzH2000 liefern, KMW will seit Ende Feb. 50 Gepards und spätestens seit Mitte/Ende April 100 PzH2000 (woher auch immer die kommen) liefern, Rheinmetal will innerhalb weniger Wochen 88 Leo1A5 sowie 100 Marder liefern (Stand Mitte April mit Beantragung beim BMWi)
(https://www.zeit.de/politik/ausland/2022...enehmigung)
auf absehbare Zeit wird davon aber nichts ankommen. Das früheste was mir bekannt ist sind 15 Gepards, die die Ukraine aktuell am wenigsten braucht, im Juli.

Da eine kurze Recherche jedoch ergeben hat, dass auch tatsächlich wenige Tage später die Stinger und Panzerfäuse anscheinend geliefert wurden, ziehe diesen Punkt nochmals gerne zurück.

(27.05.2022, 09:02)Schneemann schrieb: Wo ich dir aber zustimme, ist dass die Lieferung schweren Gerätes etwas saumselig vonstatten geht. Es war Quintus, der Anfang März (!) bereits erste Hinweis auf PzH-2000-Lieferungen hier gab, da ist bislang in drei Monaten doch scheinbar sehr wenig passiert, zumindest wäre man sicherlich schon weiter, wenn man vor drei Monaten hier etwas mehr Elan mitgebracht hätte.

Bzgl. des Ringtausches - also so wie ich es verstanden hatte, galt das für die Tschechen. Und die haben Panzer geliefert und kriegen nun Leopard (siehe auch den Strang über die tschechischen Streitkräfte weiter unten im Forum, wo ich gestern was zu dem Thema gepostet hatte). Eine solche (feste) Absprache gibt es übrigens, was weniger bekannt ist, auch mit Slowenien hinsichtlich M-84-Tanks.

Das Beispiel Tschechien habe ich absichtlich nicht genommen, genauso wie ich absichtlich beim Ringtausch schlechte Kommunikation am Beispiel mit Polen ansprach. Die Ringtausche finde ich vom Prinzip her sehr gelungen. Allerdings gefällt es mir nicht, wenn Polen sich hinstellen und behaupten kann wir würden nicht zu unseren Zusagen stehen. Entweder man hat hier gegenüber Polen schlecht kommuniziert oder man tut es jetzt, indem man anscheinend jetzt dem Vorwurf nichts entgegenhalten will/kann. Das Bild was jetzt im Raum steht, dass Polen mit 200x T-72 der Ukraine massiv hilft und nun von DE im Regen stehen gelassen wird gefällt mir zumindest nicht.

(27.05.2022, 09:02)Schneemann schrieb: Aber: Bei Polen habe ich ein wenig gesucht - offenbar gab es da keine direkte Abmachung. Es waren die Polen, die den Deutschen den Vorschlag Anfang April machten, dass man doch einen Ringtausch vornehmen könne und man dann gegen eigene Panzer stattdessen Leopard 2 A7V sich wünschen würde. Die Idee haben die Deutschen aber nicht aufgegriffen, da man selbst von diesem modernsten Modell des Leopard nun noch nicht so viele Exemplare hat. Ich glaube also, dass da ein Missverständnis vorliegt: Während man den Tschechen und Slowenen eine feste Zusage gab (und die erstgenannten erhalten jetzt auch die ersten Leopard), gab man eine solche den Polen nicht, da man das A7V-Modell selbst kaum verfügbar hatte. Dennoch habe die Polen ihre PT-91 kurzerhand an die Ukrainer geliefert - und das ohne weitere Absprache mit den Deutschen - und tun nun so, als wenn Deutschland sich nicht an Abmachungen halten würde. Also so ganz astrein ist die Argumentation Warschaus hier nicht.

Die Argumentation ist seit vielen Jahren durch Warschau nicht nur nicht astrein sondern oft eine Frechheit. Aber dann muss man sich als BR hinstellen und energisch dem widersprechen und die gelungenen Beispiele auch für alle und nicht zuletzt außerhalb von DE öffentlich kundtun und damit den "schwarzen Peter" da platzieren, wo er hingehört, nach Polen.

(27.05.2022, 09:02)Schneemann schrieb: Weiterhin:

Deutschland hat beileibe nicht nur Panzerfäuste und Stinger geliefert. Da die Bundesregierung sich über den genauen Umfang von Lieferungen aber etwas bedeckt hält seit einigen Wochen, ist es schwierig, alles zusammenzusuchen.

1.) Grob sind es aktuell folgende Lieferungen:

- 1.500 Strela Manpads,
- 2.500 Panzerfäuste 3,
- 500 Stinger Manpads,
- 5.100 Matador RCLs,
- 16 Mio. Schuss Munition versch. Kalibers,
- 100.000 Handgranaten,
- 5.600 Panzerabwehrminen und Richtminen,
- 14 gepanzerte Fahrzeuge,
- 4 Systeme zur Drohnenabwehr,
- eine unbekannte Anzahl an Vector-Drohnen,
- 50 Unimog-Lastwagen,
- 23.000 Helme,
- 20.000+ Schusswesten,
- 500.000 Essensrationen,
- unbekannte Anzahl an 155 mm Munition,
- 10.000 Tonnen (!) humanitäre Güter,
- 1 Feldhospital (mobil).

So aufgelistet sieht es zwar mehr aus als befürchtet und wäre in der Situation von vor 8-Wochen gut und aus dieser Zeit meine ich gibt es auch hier einen Beitrag von mir in Richtung voyageur, dass DE mehr liefern als man denkt und das hier lediglich mehr Stillschweigen herrscht, aber seit dem sind nun mal 6-10 Wochen vergangen und die Situation ist eine deutlich andere. Aus der Situation die russische Armee rückt auf Kiew vor und man kann aus dem Hinterhalt mit Panzerfaust, Stinger und Co. viel berwirken ist nun eine Materialschlacht mit viel Artillerie geworden und da bringt das oben aufgelistete zu wenig.

Die Franzosen und Amerikaner haben Artillerie bereits geliefert, wir bilden stattdessen noch immer dran aus, um dann zu guter letzt ganze 7 PzH2000 zu liefern.



(27.05.2022, 09:02)Schneemann schrieb: 2.) Finanzleistungen:

- 2 Mrd. Euro seit März 2022,
- 1,8 Mrd. Euro rein bilaterale Hilfe seit 2014,
- rund 400 Mio. Euro für Wiederaufbau-Maßnahmen.
- dazu grob nochmals 250 bis 300 Mio. Euro für diverse "zivile Zwecke".

alte deutsche Politik, das Scheckbuch zücken und sich dann aus dem Staub machen. Es geht bei der Kritik darum, dass zuwenig Hardware geliefert wird. Bei Geld, Helmen, Essensrationen und Windeln sind wir bestimmt Weltklasse, nur das hält den Vormarsch leider zu wenig auf ;-)

(27.05.2022, 09:02)Schneemann schrieb: 3.) Zusagen:

- 15 bis 50 (je nach Quelle) Gepard-Flakpanzer,
- 88 Leopard 1,
- 7 PzH 2000,
- unbekannte Anzahl 155 mm Munition.

Wieder nur zusagen. Das bringt aktuell alles noch genau null. Der Kern meiner Kritik. Es dauert alles viel zu lange und länger als anders wo. Wenn sich das alles bereits in der Ukraine befinden würde, dann würde ich ja garnichts sagen. Wenn alle sich noch anstatt mit ausliefern, wie wir lediglich mit Zusagen (schweres Gerät) beschäftigen würden, dann wären die Russen bereits deutlich weiter.



(27.05.2022, 09:02)Schneemann schrieb: Das ist alles zusammengefasst beinahe so viel, wie der Rest Europas (Großbritannien herausgenommen) geliefert hat. Also ich verstehe deswegen das ganze Zerreden bzw. Schlechtreden der deutschen Leistungen nicht so ganz.

Schweres Gerät, das was die Ukraine aktuell wirklich benötigt, ist von anderen geliefert worden, bereits jetzt, von uns genau Null. Null Artillerie, null Schützenpanzer, null Kampfpanzer, null bewaffnete Drohnen, null Hubschrauber, null Kampfjets ... null null null..
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#71
Zitat:Schneemann schrieb:
Das ist alles zusammengefasst beinahe so viel, wie der Rest Europas (Großbritannien herausgenommen) geliefert hat. Also ich verstehe deswegen das ganze Zerreden bzw. Schlechtreden der deutschen Leistungen nicht so ganz.

Ich denke egal was DE liefert, nichts würde sich ändern. Das ukrainische Storybord arbeitet sich am "deutschen Schuldgefühl" ab. Und wenn man die deutsche Presse sieht, dann klappt das hervorragend.
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#72
(27.05.2022, 16:47)voyageur schrieb: Ich denke egal was DE liefert, nichts würde sich ändern. Das ukrainische Storybord arbeitet sich am "deutschen Schuldgefühl" ab. Und wenn man die deutsche Presse sieht, dann klappt das hervorragend.

Was denn für ein Schuldgefühl???
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#73
Ergänzend zum Gespräch zwischen Schneemann und mir

~32:30 General a.D. Egon Ramms
https://www.zdf.de/nachrichten/zdfheute-...o-100.html

mit für einen General deutlicher Kritik
Inhaltlich "identisch" zu meinen Äußerungen
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#74
Anscheinend hat Estland unsere alten FH70 in die Ukraine geschickt.
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#75
(27.05.2022, 17:13)Flugbahn schrieb: Was denn für ein Schuldgefühl???
ZB
das nicht genug für die Ukraine getan wird
das wir nicht alle von der Ukraine geforderten Sanktionen durchsetzten
das wir friedlich weiterleben, und dort Krieg ist.

Die deutsche Mainstreampresse (Spiegel, FAZ, Zeit, Welt etc) haut doch in die selbe Kerbe. Und wenn mal die Idee hoch kommt, das Europa/Deutschland eigene Interessen haben, die nicht immer deckungsgleich mit den ukrainischen Interessen sind, dann kommt sofort die Putinversteherkeule aus dem Sack.
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